Full text: Rückblick auf die äußere und innere Entwickelung Brandenburg-Preußens und Deutschlands, Preußen als Verfassungsstaat, die Verfassung und Verwaltung und die Weltstellung des Deutschen Reiches (H. 5 = Kl. 1)

Lehnswesen. — Kaisertum und Kirche 11 
schlug er alle Empörungen nieder; aber die Fürstenmacht für immer zu vernichten 
ist selbst ihm nicht gelungen. 
warum gelang es auch seinen Nachfolgern nicht? 
Kaisermacht und Reichseinheit gründeten sich auf das LehNSweseN. Doch 
im Laufe der Zeit schwand die Lehnsabhängigkeit der Reichslehensträger gegenüber 
dem Kaiser und damit die Grundlage der kaiserlichen Macht. — Ursprünglich gab es 
nur weltliche, seit (Dtto I. auch geistliche Reichslehen. Über jene wie über diese 
verlor der Kaiser das verfügungsrecht. Die großen weltlichen Reichslehen wur- 
den erblich. Aus den Reichslehnsträgern wurden erbliche Reichsfürsten. 
Während die weltlichen Grotzen dem Kaiser gegenüber immer unabhängiger 
wurden, hielten sie ihre eignen „Mannen" in straffer Abhängigkeit (f. III, 33—34, 
29!). Die wachsende Selbständigkeit und Macht der weltlichen Reichsvasallen 
war die erste große Gefahr für die „Zentralgewalt" (des Kaisers) im Reiche. 
Die Herrschergewalt stützt sich auf die Kirche. Line starte Stütze gegen die 
weltlichen Fürsten sicherte sich (Dtto I. in der hohen Geistlichkeit. Dtto schuf die 
geistlichen Reichslehen. Diese ..Kirchenpolitik" war der Herrschergewalt aber nur 
so lange förderlich, wie der König wirklich Macht über die geistlichen Fürsten und 
über die Kirche besaß, und um sich dieser Macht zu versichern, mußte er einen mög¬ 
lichst großen Einfluß auf die Stadt Rom und den Papst erstreben. Dazu aber war 
eine Machtstellung in Italien und auch die Kaiserwürde notwendig. 
Diese mar im Mittelalter nicht bloß eine weltliche, sondern zugleich eine geistliche 
Würde; der Kaiser empfing die niederen Weihen eines Geistlichen und genoß am Krönungs- 
tage das Sakrament in beiderlei Gestalt wie jeder Priester. 
Als Kaiser war Otto der Schirmvogt der christlichen Kirche. Nicht Ehrgeiz 
oder bloße Schwärmerei hat ihn also zu seinen Römerzügen und zu seiner Kaiserpolitik 
getrieben (s. 111,28-29!). 
Noch hundert Jahre lang war der Einfluß der deutschen Kaiser auf die Kirche 
unbestritten, und die geistlichen Fürstentümer lieferten dem Kaiser am sichersten die er¬ 
forderlichen Machtmittel (Mannschaften, Rosse, Naturalabgaben). Damals erlangten die 
deutschen Kaiser, gestützt auf die Kirche, auch eine Machtstellung wie niemals zuvor 
ober nachher. Dies gilt von (Dtto I. und Heinrich II. und dann besonders von den bei- 
den ersten falifchen oder fränkischen Kaisern Konrad II. (1024 —1039) und Hein¬ 
rich III. (1039—1056) (s. III. 3l—22 und 34—36!). 
Doch Kaisertum und Kirche geraten in widerstreit. Die Reformbewegung 
von Glunt) mußte die herrschende Stellung des Kaisertums über Kirche und Papst¬ 
tum vernichten (s. III. 36-37!). Papst Gregor VII. verbot die Simonie und nahm 
das Recht der Investitur für sich in Anspruch; d. h.: über die großen geistlichen Reichs« 
Iehen sollte nicht mehr der Kaiser, sondern der Papst zu verfügen haben (s. III, 38!). 
Der Papst machte dem Kaiser die höchste Gewalt in kirchlichen und weltlichen 
Dingen streitig. Auch die geistlichen Reichslehen kamen unter den Einslutz 
der Kirche. 
Dies war die zweite große Gefahr für die kaiserliche herrsch er gern alt 
und die Reichseinheit.
	        
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