Full text: Bis zum Tode Friedrichs des Grossen (Bd. 2)

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Bevölkerung entgegen, um unter Absingung geistlicher Lieder 
mit den Vertriebenen den Einzug zu galten. Doch hielt man 
auch hier mit ihnen eine Katechese ab, um sich von der Rein- 
heit ihres Lutherischen Glaubens zu überzeugen. „Alles, was 
in der ganzen Stadt nur lebte und schwebte, dichtete und 
dachte nur allein auf die Versorgung dieser Leute." Derselbe 
Empfang wurde ihnen in Harburg, Donauwörth, Nördlingen, 
Di^nkelsbühl zu teil. Hatten sie in den Orten mit gemischter 
Bevölkerung hie und da noch unter dem Hasse der Katholiken 
leiden müssen, so blieb die Freude ungetrübt, als sie in 
Franken auf Orte mit rein evangelischer Bevölkerung stießen. 
Ganz besonders herzlich war die Aufnahme in der Stadt Nürnberg, 
deren Gebiet über dreizehn Tausend der Vertriebenen passierten. 
Man riß sich dort förmlich um sie; keiner gönnte dem andern 
die Ausnahme der Elenden. Da man wußte, daß sich die 
Familien nicht gern von einander trennten, so nahmen Weiber 
wie Männer ein, zwei oder mehrere Kinder auf die Arme 
und gingen mit ihnen fort, wohl wissend, daß die Eltern sol- 
gen würden. So geschah es, daß mancher Bürger, an den 
man bei der Austeilung gar nicht gedacht hatte, bis zu zehn 
Personen in das Quartier erhielt. Die Befürchtung, daß die 
Salzburger in den katholischen Bistümern Bamberg und 
Würzburg Widerwärtigkeiten erleiden würden, erwies sich als 
grundlos, da die Bischöfe an ihre Beamten gemessene Ordre 
hatten ergehen lassen, dafür zu sorgen, daß den Emigranten 
keinerlei Leid zugefügt, sondern daß denselben vielmehr mit 
aller Bescheidenheit begegnet und ihnen allen geneigter Wille 
gezeigt werde. Über Coburg, Saalfeld, Rudolstadt ging der 
Hauptzug nach Jena, „wo die Herrn Gymnasiasten und Stu- 
diosi sich besonders gegen diese guten Leute signalisiert haben", 
während andere Züge sich über Hof, Gera nach Leipzig wandten, 
wo ein überaus herzlicher Empfang ihrer wartete. In Halle 
nahm sich der edle Menschenfreund Franke ihrer liebevoll an; 
sie wurden mit Geld und Lebensbedürfnissen reichlich unter- 
stützt, aber auch mit Bibeln, Katechismen, Gesang- und Gebet- 
büchern beschenkt, worüber sie die lebhafteste Freude äußerten. 
Schillmann, Bilder. II. q
	        
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