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biente wenigstens meine Jugend und meine Un-
crfahrenheit Entschuldigung.
Man fürchtete, es möchte die Ocffentlichkeit ihrer Hin¬
richtung einen zu starken Eindruck auf das Volk machen.
Es war daher befohlen, das Blutgerüst innerhalb des
Towers auf einem Rasenplatze vor dem sogenannten weißen
Thurm zu errichten. Sie bekannte sich zur protestantischen
Religion; man hatte ihr aber einen katholischen Geistlichen
gegeben, der nicht von ihrer Seite wich. Ihr Gebetbuch
in der Hand, achtete sie wenig auf seine Zusprache, doch
dankte sie ihm am Ende sehr freundlich für seine theilneh-
mende Güte, mit dem Wunsche, daß ihn Gott erleuchten
wolle, die Wahrheit zu erkennen. In einer kurzen Rede
bereute sie nochmals die übereilte Annahme der Krone,
nach der sich ihr Herz nie gesehnt habe, und demüthigte
sich vor Gott, der sie durch Leiden der Anhänglichkeit an
das Irdische habe entreißen wollen. Ich bin nicht frei ge¬
wesen, fügte sE noch hinzu,' von Eitelkeit Und Wohlgefallen
an irdischer Lust; aber durch mein Schicksal habe ich Zeit gewon¬
nen, meine Fehler zu erkennen und Frieden mit Gott zu machen.
Uebrigens, fuhr sie fort, nehme ich Sie, Mylords, und
alle hier Versammelten zu Zeugen, daß ich als eine evan¬
gelische Christin sterbe, und nicht auf meine Werke, sondern
nur auf Gottes Gnade und das Verdienst Jesu Christi
rechne. — Laut sprach sie noch das Gebet des ein und
fünfzigsten Psalms Davids.
Hierauf schnürte sie sich selbst, die angebotene Hülfe
des Nachrichters ablehnend, das Oberkleid auf, ließ sich
von ihren treuen Dienerinnen weiter entkleiden und schenkte
ihnen Halstuch und Handschuhe zum Andenken. Kniend
lag der Nachrichter vor ihren Füßen und bat sie um Ver¬
zeihung; sie aber antwortete ihm freundlich und ersuchte
ihn, nur schnell mit ihr zu enden. Als man ihr das Tuch