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B. Aus der brandenburgisch-preußischen Geschichte.
Oberhofmeisterin tanzte dann wohl. Als aber einmal Luise und ihr
Gemahl auf einem Leiterwagen in die Heuernte fahren wollten, lehnte die
Oberhofmeisterin es standhaft ab, die Fahrt mitzumachen. Damals war
es an den Höfen Sitte, daß die fürstlichen Personen, auch der König
und die Königin, sich mit „Sie" anredeten. Friedrich Wilhelm und
Luise gebrauchten im Perkehr untereinander das trauliche „Du". Dies
hörte auch der König Friedrich Wilhelm IIV der seinen Sohn darüber
befragte, aber die Antwort erhielt: „Mit dem Du weiß man doch
immer, woran man ist; dagegen bei dem Sie ist immer das Bedenken,
ob's mit einem großen S geschrieben wird oder mit einem kleinen."
Besonders glücklich war das kronprinzliche Paar, als ihm zwei
Söhne geboren wurden, Friedrich Wilhelm und Wilhelm, die später
beide König geworden sind. (Bild 24.)
d) Auf dem Throne. Im Jahre 1797 wurde Friedrich Wilhelm III.
König. Aber das Königspaar lebte auch jetzt so einfach wie bisher.
Bei einer Reise durch Elbing wollten die Bewohner dieser Stadt den
königlichen Wagen selbst in die Stadt ziehen. Der König untersagte
es aufs strengste und fügte hinzu: „Ich habe meine Untertanen zu lieb,
als daß ich solche Erniedrigung von ihnen annehmen könnte! Es ist
unter der Würde des Menschen, Dienste zu verrichten, welche Tiere
leisten müssen." Auf einer Reife durch das Land kehrte die Königin
auf den Wunsch der Bauern in einem Dorfe ein, um sich an dem vor-
gesetzten Eierkuchen zu erquicken. Durch solche und ähnliche Züge ge-
wann das königliche Paar die Liebe des gemeinen Volkes, die sich so
herrlich bewährte, als große Trübsal hereinbrach.
2. Preußens Fall.
a) Tage der Not. Uni diese Zeit herrschte in Frankreich der ge-
waltige Kaiser Napoleon I. Vom einfachen Offizier hatte er sich durch
glänzende Siege den Weg zum Throne gebahnt und ganz Europa durch
seine Kriegstaten erschüttert. Nachdem er das heutige Italien, Österreich
und Rußland geschlagen hatte, sollte auch Preußen gestürzt werden.
Friedrich Wilhelm liebte den Frieden und suchte den Krieg auf jede Weise
zu vermeiden,- als er aber von Napoleon in höhnischer Weise herausgefordert
wurde, griff er zum Schwerte, wenngleich mit schwerem Herzen. Und
1806 was der König gefürchtet hatte, das geschah,- in der Schlacht bei Jena
wurde das preußische Heer geschlagen, und nun folgte für Preußen eine
schwere Zeit: Napoleon hielt seinen Einzug in Berlin, die eroberten
Fahnen, den Inhalt der Kassen und Zeughäuser sowie wertvolle Kunst-
fachen nahm er mit nach Paris, auch den Siegeswagen vom Branden-