16 Der erste Kreuzzug.
Menschen angefüllt waren und noch viele unter freiem Himmel über-
nachten mußten. Nachdem Peter in feuriger Rede die Not der christ¬
lichen Brüder in Palästina geschildert hatte, erhob sich der Papst und
forderte in hinreißender Rede zur Befreiung des heiligen Grabes auf.
Als er geendet, erscholl aus allen Kehlen der Ruf: „Gott will es! Gott
will es!" Da erhob sich der Papst noch einmal. „Dies Wort," rief er,
„möge euer Feldgeschrei sein, das Kreuz aber das Zeichen zur Kraft und
Demut." Jedem Teilnehmer an dem Zuge verkündete er vollständige
Sündenvergebung; kein Herr sollte seine Untergebenen an der Teilnahme
hindern; die Mitziehenden sollten während des Zuges von der Ver-
pflichtung. ihre Schulden zu bezahlen, befreit sein. Der Papst heftete
jedem, der mitziehen wollte, ein rotes Kreuz auf die rechte Schulter; daher
heißen sie Kreuzfahrer und der Zug Kreuzzug. Die Kreuzfahrer
trugen dann die Begeisterung in ihre Heimat, durch Frankreich, England
und Italien. Viele lockte auch die Lust an Abenteuern, andere die
Hoffnung auf große Schätze. Bald berichtete man von zahlreichen Wunder-
erscheinungen, die zum Kreuzzuge aufzufordern schienen; selbst Karl der
Große sollte aus der Gruft gestiegen sein, um sein Volk gegen die
Ungläubigen zu führen.
3. Eroberung Jerusalems. Überall wurde jetzt mit dem größten
Eifer gerüstet. Nach der Ernte des nächsten Jahres zogen mehr als
eine halbe Million Menschen zum Kampfe gegen die Ungläubigen die
Donau hinab, unter ihnen viele Fürsten, Grafen und Ritter. An der
Spitze stand Gottfried von Bouillon, durch Tugend und Tapferkeit das
Muster eines christlichen Helden. In Konstantinopel vereinigte sich sein
Heer mit andern Scharen, die teils zur See, teils zu Lande dahin kamen.
In Kleinasien begann für die Kreuzfahrer eine Zeit der Trübsal; denn
„viel' Steine gab's und wenig Brot." Durch ungewohnte Sonnenglut,
durch Hunger, Seuchen und die Angriffe der Feinde wurden ihre Reihen
gelichtet. Die Belagerung der feindlichen Städte zog sich so sehr in die
Länge, daß das Heer erst im dritten Jahre vor Jerusalem anlangte.
Diese Stadt war eine starke, wohlverteidigte Festung, die nur durch
harte Kämpfe zu gewinnen war. Von dem großen Heere der Kreuz-
fahrer waren nur noch 20 000 kampffähig; diese waren aber stark durch
Begeisterung. Endlich, nach fünfwöchentlicher, schwerer Belagerung wurde
1099 die Stadt mit dem Rufe: „Gott will es!" erstürmt. Gottfried war der
erste auf der Mauer. In der Stadt begann jetzt ein furchtbares Blut-
bad, man verschonte weder Greise, noch Weiber, noch Kinder. Von den
Treppenstufen einer Kirche floß das Blut in Strömen. Als es Gott«
fried nicht gelang, dem Morden Einhalt zu thun, legte er ein härenes
Gewand an und ging barfuß mit einigen Gefährten in die Kirche des