Gräko-Jtaliker.
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selbständig erfunden, sondern einfach von den vorderasiatischen Semiten
— denn auch die Perser gingen nach und nach in der semitischen Kultur
vollständig auf — übernommen; aber sie haben diese übernommene
Kultur in eigenartiger Weise weiter- und ausgebildet und können
so ewig denkwürdige Leistungen aufweisen. Doch gingen diese Leistungen
nach zwei Seiten auseinander. Die mehr idealen Griechen pflegten Vorzugs-
weise Kunst und Wissenschaft, die mehr nüchternen und praktischen
Römer dagegen entwickelten die Kriegskunst, das Staats- und
Rechtsleben. Die Griechen betonten das Schöne, die Römer das
Nützliche. Bei der Erziehung der Jugend suchten die Griechen wohl
auch den Verstand zu wecken, mehr aber noch Gemüt, Gefühl und PH an-
tasie; die Römer pflegten ebenfalls Gemüt, Gefühl und Phantasie, in
höherem Grade aber noch den Verstand.
Beide Leistungen zusammengenommen bilden die Grundlage unserer
modernen Kultur, die allerdings auch durch die modernen Naturwissenschaften
und ihre Folgeerscheinungen, z. B. Weltverkehr n. dgl., stark beeinflußt wird.
Die griechische und lateinische Sprache werden noch heute an den wichtigsten
Mittel- und Hochschulen gelehrt und gepflegt, und unsere deutsche Mutter-
spräche hat z. B. auf künstlerischem und wissenschaftlichem Gebiet so viele
Fachausdrücke aus diesen beiden Sprachen entlehnt, daß für viele Begriffe
eigentlich deutsche Wörter sich gar nicht gebildet haben.
Der ältere Stamm, d. h. derjenige, der in der Geschichte früher eine
Rolle spielte, waren die
Griechen.
Sie selbst nannten sich Keüenen, ihr Land Hellas. Griechen
(Graeci) hießen sie bei den Römern.
Land und Leute.
Kellas ist der südliche Teil der sog. Balkan Halbinsel; es er-
streckt sich ungefähr vom 40. Breitengrad an südwärts und bildet mit
seiner überaus reichen Inselwelt eine Art Übergang zur kleinasiatisch-
syrischen Küste, teilweise sogar nach dem östlichen Nordafrika, besonders
nach Ägypten.
Das Land ist sehr gebirgig und hat nur wenig Ebenen; auch
schiffbare Flüsse fehlen. Dagegen ist das Land auffallend reich
gegliedert, vor allem durch die vielen tief in das Land eindringen-
den Buchten und Meerbusen. Das Klima ist mild, doch nicht so
heiß und erschlaffend wie z. B. in Babylonien oder Ägypten. Der
Natur des Landes entsprechend sind die Erzeugnisse: Getreide und Mais
wurden im Altertum wohl geerntet, aber nicht im Überfluß; im Gegenteil
mußte für die sich mehrende Bevölkerung Athens Getreide eingeführt
werden von außergriechischen Gebieten; dagegen gediehen reichlich Wein,