Full text: Leitfaden für den Geschichtsunterricht in Mittelschulen

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Auf diesem Zuge eroberte des Kaisers Bruder Heinrich Ve- 
roua und Aqnilea und erhielt sie zu Lehen. Dadurch sowol, 
wie durch die vorerwänte Heirat glaubte sich Ludolf onSchwaben aus 
der Gunst des Vaters verdrängt, verließ das Heer und setzte sich in 
Verbindung mit Konrad von Lothringen und dem Pfalzgrafen 
Arnulf d. I., ja machte sogar gemeinsame Sache mit den Haupt- 
feinden des Reiches, den Ungarn. Die Empörer wurden samt- 
lich abgesetzt, und als die Ungarn 955 unter ihrem Könige Bulzo 
in ungeheueren Schwärmen erschienen und besonders den königlich 
gesinnten, ritterlichen Bischof Ulrich von Augsburg bedrängten, 
wurden sie von dem aus Schwaben, Franken, Bayern und Böhmen 
zusammensetzten Heere des Königs in einer zweitägigen Schlacht auf 
dem Lechfelde so völlig geschlagen, dass sie fortan nicht mehr in 
Deutschland einzudringen wagten. 
Sie hatten gepralt: „Wenn nicht der Himmel über uns hereinbricht und die 
Erde uns verschlingt, so werden unsere Rosse die Flüsse aussaufen und die Städte 
zertreten." Himmel und Erde rächten sich nicht, und doch sahen nur wenige die 
Heimat wider; denn was nicht in der Schlacht fiel oder im Lech ertrank, wurde von 
den aufgeregten bayrischen Bauern auf der Flucht erschlagen. Ein Landmann ließ sich 
von der gewonnenen Beute einen silbernen Pflug machen, andere erbeuteten viele 
tausend herrenloser Pferde und brachten sie nach Keferlohs (bei München) auf den 
Markt, was den Keferloher Pferdemarkt begründet haben soll. — Unter den ge¬ 
fallenen Deutschen war auch, zum großen Schmerze Otto's, der ehemalige 
Lothringerherzog Konrad. Der Reumütige hatte den Tod gesucht, und dieser 
löste ihn also von seiner schweren Schuld. 
Weil sich Berengar von Italien gegen seinen königlichen Lehens- 
Herrn empört hatte, machte Otto 961—965 einen zweiten 
Römerzug, auf welchem er zunächst den aufständischen Va- 
fallen besiegte und abfetzte. Im Jare 962 wurde Otto von 
Johann XII. zum römische» Kaiser gekrönt und erlangte damit eine 
Würde, welche fortan bei „dem heiligen römischen Reiche deutscher Nation", 
dem mächtigsten State des Abendlands, vcrblieb. 
Weil mit dieser Krone der Gedanke an die Weltherrschaft verbunden war, so 
verlieh sie wol großen äußeren Glanz, und — von diesem geblendet, verwendeten 
fortan viele Kaiser ihre Hauptkraft auf die Herstellung der Verbindung zwischen 
Italien und Deutschland, ein Ziel, das sie nie erreichten, dessen Verfolgung aber die 
beste Kraft der deutschen Nation aufzehrte und es, abgesehen von andern hindernden 
Gründen, selbst den gewaltigsten Kaisergeschlechtern unmöglich machte, gleich den 
französischen und englischen Königen den Einheitsstat zu schaffen. 
Otto ließ sich übrigens von den Römern das Bestätiguuas- 
recht bei der Pap st Wal beschwören, was bis aus Gregor VII. 
fortdauerte. Da diese Bestimmung Johann XII. lästig erschien, so 
empörte er sich in Verbindung mit Berengar gegen den Kaiser, 
der aber nun den Papst absetzte undBerengar samt seiner ranke- 
süchtigen Frau Willa auf das feste Schloss nach Bamberg ver- 
bannte, wo sie starben. 
Noch einen dritten Römerzug unternahm Otto 966—972, zunächst 
nm einen neuen Aufstand der Römer zu dämpfen. Als dieser 
niedergeworfen war, richtete der Kaiser seinen Blick auf 
Unteritalien, wovon er die Fürstentümer Benevent und Capua bereits
	        
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