Full text: Leitfaden für den Geschichtsunterricht in Mittelschulen

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gemacht, die Oberpriester, Gaugrafen und Heerfürer gewält und über 
Krieg und Frieden entschieden. Als Zeichen der Zustimmung 
galt das Zusammenschlagen der Waffen, das des Missfallens war Murren. 
— In der Negel zogen nur die freien Männer in den 
Krieg, diese bildeten den Heerbann. In der Not jedoch 
wurde alles bewaffnet, selbst Kinder und Frauen, die denn 
auch durch ermunternde Worte oder Bitten oftmals die wankende Schlacht- 
ordnung widerhergestellt haben sollen. Sie pflegten zudem die Verwundeten; 
"wenn aber die Schlacht einen unglücklichen Ausgang nahm, so zogen sie 
den Tod einer schmachvollen Gefangenschaft vor. Die Germanen 
liebten als Gefechtsordnung die Keilform und ermutigten und 
begeisterten sichvorder Schlacht durch einen mächtigen Schlachtge- 
sang (Barrit). Die gebräuchlichsten Waffen waren: der Spieß (Frame), 
zweischneidige Schwerter, steinerne Streithämmer, eherne Streiläxle und 
Keulen und ein Schild aus Holz oder Weidengeflechte. Brachte ein 
Krieger den Schild nicht aus dem Gefechte zurück, so galt er für ehrlos 
und konnte fernerhin nicht mehr am Gottesdienste und an den Volks- 
Versammlungen teilnehmen. Das Waffen Handwerk war die 
größte Lust des Germanen, und schon Seneca sagt deshalb in 
dieser Beziehung: „Die Germanen werden in den Waffen geboren, er- 
zogen, ihre einzige Sorge geht auf die Waffen; das Uebrige dagegen 
vernachlässigen sie" —, und auch Tacitus bestätigt das letztere, indem er 
sagt: „Je stärker und kriegerischer einer ist, desto weniger arbeitet er." — 
Die Handhabung des auf Herkommen beruhenden Rechts geschah 
durch den Gaugrafen und zwar ebenfalls auf einem freien, öffent- 
lichen Platze, der Malstatt. Freiheits-und Leibesstrafen 
kannte man nicht, sie waren des freien Mannes unwürdig; da- 
gegen stund auf Feigheit und Landesverrat die Todes- 
strafe, die deroberpriesterliche Mund im Namen der Götter verkündigte. 
Alle andern Verbrechen und Vergehen konnten durch Wer- 
geld oder Schadenersatz gesünt werden. Reichten die gewönüchen 
Beweismittel, Zeugen und Eid, zur Erhärtung einer Freveltat nicht 
aus, so entschied ein Ordal oder Gottesgericht, so der Zwei¬ 
kampf für Freie, die Wasser-, Feuer- oder Kreuzprobe für Unfreie. 
Bei der Probe mit kaltem Wasser galt der Untersinkende für unschuldig und 
wurde herausgezogen, bei der mit siedendem Wasser musste das demselben ausge- 
setzte Glied unverletzt bleiben. Bei der Feuerprobe war die bloße Hand in's Feuer 
zu halten, oder der Beschuldigte musste durch einen brennenden Holzstoß gehen, 
glühendes Eisen mit den Händen tragen oder mit bloßen Füßen betreten. Bei der 
Kreuzprobe musste man mit aufgehobenen Händen an einem Kreuze unbeweglich 
stehen bleiben. 
DieGermanen verehrten die Naturkräfte unter dem Bilde 
Persönlicher Gottheiten und hatten nach der Edda (Edda — Aelter- 
mutter, weil sie ihren Kindern von der Vergangenheit erzält), einem im 11., 
12. und 13. Jarhundert n. Chr. durch isländische Heldensänger oder Skalden 
gesammelten Werke, eine sehr ausgebildete Mythologie: Allfadur 
oder Allvater, auch Walvater (Walvater heißt Wodan, weil er die auf 
der Walstatt Gefallenen, seine Wunschsöne, durch die Walkyren in die aus 
reinstem Golde erbaute und mit den Waffen der Gefallenen verzierte 
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