Full text: Vaterländische Geschichtsbilder

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Am andere» Ende des Saales, nnmittelbar an den Fenstern; 
fn^eit, auf Thronstufen erhöht, unter Baldachinen Kaiser und König 
in ihren Ornaten; Krone und Scepter aber lagen auf goldenen Kiffen 
rückwärts in einiger Entfernung. Die drei geistlichen Kurfürsten hatten, 
ihre Büffets hinter sich, auf einzelnen Estraden Platz genommen. Kur- 
Mainz den Majestäten gegenüber, Kur-Köln zur Rechten und Kur-Trier 
zur Linken. Dieser obere Teil des Saales war würdig und erfreulich 
anzusehen und erregte die Bemerkung, daß die Geistlichkeit sich so 
lange als möglich mit dem Herrscher halten mag. Dagegen ließen 
die zwar prächtig aufgeputzten, aber herrenleeren Büffets und Tische 
der sämtlichen weltlichen Kurfürsten an das Mißverhältnis denken, 
welches zwischen ihnen und dem Reichsoberhaupte durch Jahrhunderte 
allmählich entstanden war. Die Gesandten hatten sich schon entfernt, 
um in einem Seitenzimmer zu speisen; nnd wenn dadurch der größte 
Teil des Saales ein gespensterhaftes Ansehen bekam, daß so viele uu- 
sichtbare Gäste auf das prächtigste bedient wurden, so war eine große 
unbesetzte Tafel in der Mitte noch betrübter anzusehen; denn hier 
standen auch so viele Couverte leer, weil alle die, welche allenfalls ein 
Recht hatten, sich daran zu setzen, Anstands halber, nm an dem größten 
Ehrentage ihrer Ehre nichts zu vergeben, ausblieben, wenn sie sich 
auch dermalen in der Stadt befanden. 
Viele Betrachtungen anzustellen erlaubten mir weder meine Jahre, 
noch das Gedränge der Gegenwart. Ich bemühte mich, alles möglichst 
ins Auge zu fassen; und wie der Nachtisch aufgetragen wurde, da die 
Gesandten, um ihre» Hof zu machen, wieder hereintraten, suchte ich 
das Freie und wußte mich bei guten Freunden in der Nachbarschaft 
nach dem heutigen Halbfasten wieder zu erquicken und zu deu Jllumi- 
Nationen des Abends vorzubereiten. 
Vor den Häuseru einiger Gesandten, wo man prächtige Jllumi- 
Nationen angebracht (die kurpfälzischen zeichneten sich vorzüglich aus), 
war es so hell, wie es am Tage nur fein kann. Um nicht erkannt 
zu werden, hatte ich mich einigermaßen vermummt. Wir bewunderten 
die verschiedenen glänzenden Darstellungen und die feenmäßigen Flammen- 
gebäude, womit immer ein Gesandter den andern zu überbieten gedacht 
hatte. Die Anstalt des Fürsten Esterhazy übertraf alle die übrigen. 
Dieser hohe Botschafter hatte, den Tag zu ehren, sein ungünstig gelegenes 
Quartier ganz übergangen und dafür die große Lindenesplanade am 
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