Full text: Vaterländische Geschichtsbilder

— 198 — 
werden viele Züge erzählt. Im größten Kugelregen bei Ligny rauW 
er gelassen seine Pfeife, die er an der brennenden Lunte eines Kanoniers 
angezündet hatte. Seine Umgebung hatte immer alle Mühe, ihn von 
der persönlichen Teilnahme an einzelnen Angriffen zurückzuhalten; besonders 
wenn ein Gefecht ungünstig ausfiel, dauu wollte er zuletzt immer per- 
sönlich mit Reiterei alles wieder umlenken, und indem er etwa sagte: 
„Ich werde sie gleich mal anders fassen!" oder: „Na, ich will schon 
machen, laßt mich nur erst unter sie kommen!" sah er sich eifrigst nach 
der nächsten Reiterei um, rief die Anführer herbei, denen er das meiste 
zutraute, und war oft kaum zu verhindern, seinen für das Ganze viel¬ 
leicht schon zwecklosen, für die Truppen aber selbst im Gelingen Verderb- 
licken Anschlag auszuführen. Diese Unerschrockenst und dieser Gleich¬ 
mut bedurften nicht der Spannung, die das Schlachtfeld in der Seele 
zuweilen erst erweckt. Aus dem Schlaf aufgerüttelt, um die Meldung 
zu vernehmen, daß Napoleon eine neue, so unerwartete als kühne Be- 
wegung ausführe, antwortete Blücher gähnend: „Da kann er die schönste 
Schmiere kriegen!", gab einige für den Fall nötige Befehle und drehte 
sich gelassen auf die andere Seite zum Weiterschlafeu. Durch solche 
Art, zu fein und die Dinge zn nehmen, hatte Blücher eine unwidersteh¬ 
liche Wirkung auf das Volk; der gemeine Mann war ihm überall, wo 
er sich zeigte, sogleich pgethan; selbst in Frankreich fühlte das Volk 
eine Art Vorliebe für ihn, die sich freilich, sobald es auf Worte ankam, 
oft nur in der vorzugsweisen Anfeindung, die gleichwohl den tiefere« 
Anteil iu sich faßte, zu erkennen gab. Ihm war insbesondere die Gabe 
eigen, mit den Soldaten umzugehen, sie zu ermuntern, anzufeuern; mit 
dem Schlage weniger Worte, wie sie der Augenblick ihm eingab, durch¬ 
zuckte er die rohesteu Gemüter. Einst wollte er kurz vor einem Sturme 
seine Truppen anordnen, da fiel ihm ihr schmutziges Aussehen auf und 
sogleich an diesen Eindruck anknüpfend, rief er in feiner Kraftsprache: 
„Kerls, ihr seht ans wie die Schweine. Aber ihr habt die Franzosen 
geschlagen. Damit ist's aber nicht genug. Ihr müßt sie heut wieder schlagen; 
denn sonst sind wir alle verloren; also frisch draus, Kinder!" Eben so 
glücklich trafen oft feine Scherzworte, z. B. wenn er einem Bataillon 
Pommern, welches beim Eindringen in Frankreich überaus brav gethau, 
aber auch sehr gelitten hatte und in ernster, fast düsterer Haltung ein- 
Herzog, vertröstend zurief: „Nun, Kinder, sollt ihr auch so lange in 
Frankreich bleiben, bis ihr alle französisch könnt!" Das ganze Bataillon 
Riedl, Baterläadische Geschichtsbilder. 
13
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.