Full text: Allgemeine Erdkunde, Länderkunde der außereuropäischen Erdtheile ([Bd.] 1)

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Da erhob die Kirche energischen Widerspruch, „sie dürfe nicht 
wieder zur dienenden Magd werden, nachdem sie durch 
Christi Blut wieder frei geworden sei." 
Man kam nicht zu gütlicher Einigung. Die königlichen Gesandten 
zogen mit der Drohung heim, daß in Rom der Streit durch die 
Waffen entschieden werden sollte, und bald rüstete Heinrich V. eifrig, 
nachdem er sich zuvor mit der fünfjährigen Tochter des Königs von 
England, Heinrichs II., verlobt hatte (1110). 
Kein deutscher Herrscher hatte bis dahin einen so großartigen 
Römerzug gethan, wie Heinrich V., der mit 30,000 Rittern, Fußvolk 
und Knechte ungerechnet, über die Alpen zog und zunächst durch Ge¬ 
sandte vom Papste die Krönung begehrte. Aber dieser verlangte zuvor 
das Versprechen vom Könige, auf das Recht der Investitur völlig zu 
verzichten, doch die Gesandten ließen sich keine Bedingungen stellen und 
bestanden aus dem althergebrachten Rechte der deutschen Herrscher, die 
Geistlichen mit den Regalien zu belehnen. Bei dem Hin- und Wider¬ 
reden über die Rechte des Staats und der Kirche äußerte endlich 
Paschalis II., daß doch der König die Regalien behalten möge, 
und die Diener der Kirche sich mit den Zehnten und Opfern 
begnügen sollten. 
Heinrich ging darauf gern ein, und zu Sutri kam ein Vergleich 
zustande (1111), wonach Heinrich auf das Jnvestiturrecht verzichtete, 
die Bischöfe aber alle zu ihren Sitzen gehörigen Regalien, Grafschafts¬ 
rechte u. s. w. abgeben sollten. Alles schien friedlich geordnet, und der 
König zog unter dem Jubel des Volks in die ewige Stadt ein. Der 
Papst selbst führte ihn unter den Lobgesängen der Geistlichkeit in den 
St. Peters Dom, den deutsche Krieger umringten. 
Vor der hl. Handlung wurde der Vertrag zwischen König und 
Papst nochmals verlesen. Da ging ein Murren durch die Versammlung; 
die Bischöfe wollten sich ihre verbrieften Rechte nicht nehmen lassen. 
Heinrich wollte die Menge beruhigen und versicherte, daß nicht ihn, 
sondern den Papst die Schuld dieses Konflikts treffe. Nun weigerte 
sich Paschalis, die Kaiserkrönung zu vollziehen, und plötzlich rief ein 
Ritter aus des Königs Gefolge: „Was braucht es vieler Worte? 
Mein Herr, der Kaiser, will gekrönt werden, wie weiland Karl der 
Große!" 
Aber immer entschiedener verweigerte der Papst die Krönung, so 
daß Heinrich ihn samt 16 Kardinälen gefangen nehmen ließ und nach
	        
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