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Das Zeitalter Wilhelms I.
Mac Mahon das Lager von Chalons und wandte sich nach der Maas
in der Absicht, diesen Fluß zu überschreiten und, der belgischen Grenze
entlang ziehend, sich Metz zu nähern. Die deutsche Heeresleitung aber
hatte diese Absicht des Feindes alsbald erkannt und beschloß, Mac
Mahon zu folgen und ihm den Weg nach Metz zu verlegen. Als die
Franzosen an die Maas kamen, stießen sie am 30. August bei Beau¬
mont1) und an anderen Punkten bereits aus Truppen der Maas-
armee. Da somit ein Weitermarsch auf Metz unmöglich wurde, zog
Mac Mahon rückwärts auf Sedan zu, dicht an die belgische Grenze.
Zugleich erschien aber die Armee des preußischen Kronprinzen im Rücken
cpibr. und in der Flanke der Franzosen, die am 1. September nach Sedan
zurückgedrängt und von allen Seiten eingeschlossen, angegriffen und
geschlagen wurden.
Infolge der Unmöglichkeit des Entrinnens aus der eisernen Um¬
klammerung der deutschen Heere bot noch am Schlachtentage, abends
7 Uhr, Napoleon dem Könige, der sich bei der vierten Armee befand,
cptbr. seine Ergebung an; und am 2. September wurde zwischen Moltke
und dem General Wimpsfen, der an Stelle des verwundeten Mac
Mahon den Oberbefehl übernommen hatte, für die französische Armee
die Kapitulation vereinbart, die das ganze Heer, noch 83000 Mann,
sowie die Festung Sedan in die Hände der Deutschen gab. Napoleon-)
wurde nach einer Unterredung mit dem Könige auf das Schloß Wil¬
helmshöhe bei Kassel abgeführt.
Wenige Tage nach der Schlacht bei Sedan setzten sich die deutschen
Heere zum Marsch auf Paris in Bewegung. Am 19. September er¬
folgten vor Paris die ersten feindlichen Zusammenstöße; am Abende
desselben Tages mar die Einschließung der Stadt vollendet.
Die Niederlagen Napoleons im Felde hatten den Sturz seiner
Regierung in Paris und Frankreich zur Folge. Am 4. September
wurde die Republik ausgerufen. Die Kaiserin floh nach Eng¬
land. Nach der Schlacht bei Sedan und der Ausrufung der franzö¬
sischen Republik ließ Viktor Emanuel Rom besetzen, das bis zum Aus¬
bruche des Krieges durch eine französische Besatzung geschützt war. Damit
war der weltlichen Herrschaft des Papstes ein Ende gemacht;
Rom wurde die Hauptstadt des jetzt vollständig geeinigten Italien.
An denselben Tagen, da man bei Sedan focht, am 31. August
und am 1. September, versuchte Bazaine aus dem rechten Moseluser
bei Noisseville die Linien der deutschen Einschließungsarmee zu durch¬
brechen, murde aber hauptsächlich durch das erste (ostpreußische) Armee¬
corps uud die Landwehrdivision Kummer unter Führung Man¬
ien ffels zurückgeworfen.
1) Beaumont liegt an der Maas, südöstlich von Sedan.
2) Napoleon begab sich nach dem Friedensschlüsse nach England, wo er im
Jahre 1873 zu Chiselhurst bei London gestorben ist.