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Das Altertum.
Kranz des Appollo schützte sie vor jedem Angriff. — Das Orakel zu Delphi
stand weit über die Grenze Griechenlands hinaus in hohem Ansehen: durch die
vielen Geschenke wurde es so unermeßlich reich, daß griechische Staaten in Kriegs-
zeiten bei dem Orakel Geldanleihen machen konnten.
3) Herkules.
Die älteste griechische Sage berichtet uns von Heroen oder Halb¬
göttern, welche sich durch Bekämpfung oder Erlegung wilder Tiere und
Ungeheuer, sowie durch Gründung von Städten um ihr Vaterland ver¬
dient machten. Der hervorragendste derselben ist Herkules.
Herkules war der Sohn des Zeus und der Königin Alkmene von
Theben. Hera war eifersüchtig auf den schönen Knaben und schickte zwei Schlangen
in seine Wiege, die ihn töten sollten; aber lächelnd ergriff sie das Kind und
erdrückte sie beide. Zeus hatte den kraftvollen Knaben lieb und schenkte ihm die
Unsterblichkeit.
Als Herkules einst als Jüngling umherschweifte, gelangte er an einen Scheide¬
weg. Da erschienen ihm die Göttinnen der Tugend und des Lasters, und jede
forderte ihn auf, ihr zu folgen. Er reichte der bescheidenen Tugend die Hand
und ließ sich von ihr durch ein Leben voller Arbeit und Gefahren, aber auch
voller Ruhm bei Göttern und Menschen geleiten. Auf ihren Rat fragte er das
delphische Orakel um Rat, was er zu thun habe. Dieses wies ihn an Eurystheus,
den König von Mycenä, der ihm zwölf Arbeiten auflegte, von denen folgende die
wichtigsten sind.
1) Im Walde bei Nemea hauste ein ungeheurer Löwe; Herkules schoß
seine Pfeile auf ihn; aber sie prallten an dem undurchdringlichen Felle ab. Da
schlug er ihn mit einer Keule zu Boden und erstickte ihn dann. 2) Herkules
tötete ein schlangenartiges Ungeheuer bei Lerna in Argolis. So oft er von den
100 Köpfen desselben einen abhieb, wuchsen deren zwei wieder. Da hielt er einen
Feuerbrand auf den abgehauenen Stumpf, und so gelang es ihm, das Ungeheuer
zu töten. 3) Darauf reinigte Herkules den Stall des Königs Augias
in Elis. Dieser Stall hatte 3000 Rinder 30 Jahre lang beherbergt und war
in dieser Zeit nicht gereinigt. Herkules leitete durch die Wand desselben einen
Fluß und vollbrachte so die Reinigung in einem Tage. 4) Darauf sollte
Herkules dem Eurystheus die goldenen Äpfel der Hespeuden holen, die im
fernen Westen auf einem Wunderbaume wuchsen und von einem hundertköpfigen
Drachen bewacht wurden. Nach einer mühseligen und gefahrvollen Wanderung
durch Nord-Afrika kam Herkules in das Land, wo der Titan Atlas das Him¬
melsgewölbe trug. Herkules überredete diesen, für ihn die goldenen Äpfel zu
holen, dafür trug er so lange das Himmelsgewölbe. 5) Endlich sandte Eurystheus
den Helden in die Unterwelt, daß er den Cerberus auf die Oberwelt bringe.
Pluto bewilligte ihm den Hund, wenn er denselben unbewaffnet bände. Der
Held umschlang den Hals des Hundes und fesselte ihn, wobei der Schwanz des
Tieres, der eine Schlange war, ihn in den Fuß biß. Herkules brachte das
Ungetüm in Fesseln vor den staunenden Eurystheus, der ihm befahl, dasselbe in
die Unterwelt zurückzubringen.