Z 8. Alteste Einteilung des Stammes usw. §9. Altgermanisches Wirtschaftsleben 15
„Sicherungen" des Einzelhofes oder des Dorfes waren unbekannt, (vgl. damit die
Sicherungsmaßnahmen in keltischen und slawischen Siedelungen.) Den Bewohnern mehrerer
Dörfer dienten in manchen Gegenden in Zeiten der Not besondere „§luchtburgen" mit
Wall- und Grabenanlagen. Daneben wurden besonders gefährdete Einbruchsstellen feind-
licher Scharen durch Dornhecken und Palisaden versperrt.
b) Die Wohnung. Als Wohnstätten waren in manchen Gegenden außer den
Häusern im Winter höhlen oder durch Balkenschichten mit Dungauflage abgedeckte Erd-
gruben in Gebrauch. Das Haus hatte nur einen rechteckigen Wohnraum. Das schräge Dach
bestand aus Balken oder Schilf. Baumaterial waren in früherer Zeit unbehauene Baum-
stamme, niemals §eld- oder Ziegelsteine. Die Abneigung gegen das Wohnen in Steinbauten
war tiefeingewurzelt. Gegen Witterungseinflüsse wurden die Balkenwände durch Weiden-
geflecht und Lehmbewurf geschützt. Oereinzelt zeigte sich Schmückung der Vorderseite
des Hauses durch weißes Linienornament. Das Haus war ursprünglich fensterlos. Später
wurden aus den Balkenlagen kleine „Wind au gen" herausgeschnitten. Sie dienten, wie
die Tür, zugleich zum Abzug des Hauches vom Herdfeuer. Der Herd galt als heilig. Ghne
Herd kein Wohnhaus.
r-/. bM
Altgermanisches Wirtschaftsleben.
1. Der Wechsel des Wirtschaftsgebietes.
Nach Läsars Bericht (Gall. Krieg, VI. Buch, Kap. 21) war noch im letzten
Jahrhundert v. Chr. das Streben der Germanen (zum mindesten das des großen
Stammes der Sueoen) u. a. darauf gerichtet, die dauernde Seßhaftigkeit an einem
Orte zu verhindern. Zu diesem Zwecke wechselten anfangs alle Völker-
schaften alljährlich den Gau.
Dann beließ man jede Völkerschaft im Besitze eines Gaugebietes. Dafür trat
der alljährliche Wechsel des Siedlungsgebietes für die Hundertschaften in
Kraft. Kuf jeder Mark siedelte reihum jedes Iahr eine andere Hundertschaft.
Dann wurden auch die Hundertschaften seßhaft. Nun erwuchs die Pflicht
alljährlichen lvechselns des Siedelungsgetoetes den zur Hundertschaft ge-
hörenden Sippen.
Als schließlich auch jeder Sippe die jeweils besetzte Vorfmark für immer über-
lassen wurde, wechselten alljährlich nur noch die einzelnen $amüien mit
den durchs Los zugewiesenen Feldern.
(Es sollte so verhütet werden, daß durch die Liebe zur eigenen Scholle „der
hang zum Kriege" in die „Lust zum Feldbau" ausartete, daß vermögensunter-
schiede entstünden, daß sich Besitzstreitigkeiten einstellten und daß durch das dau-
ernde Xüohrteri in festen Häusern die Abhärtung gegen schroffe Temperatur¬
unterschiede vermindert, der hang zur Bequemlichkeit aber gefördert werde.
von der Gewohnheit alljährlichen tDechselns der Zeldstreifen unter den Za-
mitten eines Dorfes war nur ein Schritt zu dauernder Überlassung der jeweilig in
Benutzung stehenden $lurteile an die einzelnen Oorfgenossen. Aber jahrhun¬
dertelang galten diese Beider noch als (Eigentum der Gesamtheit.
Erst im Zeitalter der ©ttonen war der Übergang von der ..Sondernutzung" zum
„Sondereigentum" abgeschlossen.