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127. Die drei Paladine des großen Kaisers. 
Neben Kaiser Wilhelm I. und den übrigen deutschen Fürsten gebührt vor 
allen auch dem Fürsten von Bismarck, Grafen von Moltke und dem Kriegs¬ 
minister von Roon das Verdienst, an der Gründung des Deutschen Reiches 
thatkräftig mitgewirkt zu haben. 
1. Otto von Bismarck wurde am 1. April 1815 auf dem Rittergute 
Schönhansen an der Elbe geboren. A^ Politiker trat er zuerst in der 
preußischen Nationalversammlung 1817 ans, wo er sich durch die Klarheit, 
Offenheit und Kühnheit seiner Reden auszeichnete. Im Mai 1851 wurde 
er von dem Könige Friedrich Wilhelm IV. zum Gesandten beim Bundestage 
in Frankfurt a. M. ernannt. Auf demselben bemühte er sich mit allem 
Eifer — wenn auch ohne Erfolg —, die Gleichstellung Preußens mit Österreich 
zur Anerkennung zu bringen. Nachdem er von April 1859 bis zum Früh¬ 
jahr 1862 als Gesandter in Petersburg und sodann kurze Zeit als Botschafter 
in Paris thätig gewesen war, berief ihn der König Wilhelm I. im September 
1862 an die Spitze des Ministeriums. Jetzt kamen schwere Jahre für ihn, 
da die Mehrheit der Abgeordneten die zur Durchführung der vom Könige 
geplanten Umgestaltung des Heeres erforderlichen Geldmittel verweigerte, und 
alle Anstrengungen Bismarcks, eine Verständigung zwischen Regierung und 
Volksvertretung zustande zu bringen, ohne Erfolg blieben. Die trüben Tage 
aber währten nicht lange, denn nach den glänzenden Erfolgen seiner ebenso 
kühnen wie besonnenen Politik in den beiden Kriegen von 1864 und 1866 
erntete er, was er früher mit eiserner Beharrlichkeit gesäet hatte, er wurde 
zum volkstümlichsten Mann in Deutschland. Als die Kriegserklärung Frank¬ 
reichs im Jahre 1870 den Norden und Süden Deutschlands einigte, als 
nach jenen unvergleichlichen Waffenerfolgen Elsaß und Lothringen an Deutschland 
zurückfielen, dem sie einst in der Zeit seiner Ohnmacht entrissen worden 
waren, als das neue Deutsche Reich hergestellt wurde, da ward er vom Kaiser 
Wilhelm als deutscher Reichskanzler an die Spitze der Regierung gestellt, und 
die Gnade seines Königs erhob ihn in den Fürstenstand. Seitdem hat das 
Deutsche Reich sich über zwei Jahrzehnte eines ungestörten Friedens zu erfreuen 
gehabt; es ist der bewunderungswürdigen Geschicklichkeit des Reichskanzlers 
sogar gelungen, Österreich die schmerzliche Erinnerung an Königgrätz vergessen 
zu lassen und zwischen Deutschland, Österreich und Italien ein Bündnis zu¬ 
stande zu bringen, das wohl stark genug ist, mutwilligen Ruhestörern in 
Europa mit Gewalt ihr Handwerk zu legen. 
Es kann an dieser Stelle die Riesenarbeit nicht dargestellt werden, welche 
Fürst Bismarck in langer angestrengter Thätigkeit als des Kaisers pflicht¬ 
getreuester „erster Diener" für die Unabhängigkeit, Einheit, Freiheit und den 
inneren Ausbau des Deutschen Reiches geschaffen hat; das deutsche Volk aber 
wird in ihm allezeit einen seiner größten Männer verehren, der nicht nur als 
Staatsmann durch ein außergewöhnliches praktisches Geschick, rascheste Geistes¬ 
gegenwart, durchdringende Schärfe des Verstandes, trefflichste Menschenkenntnis, 
gewaltige Redegabe, strenge Unterordnung unter die Ziele seines Kaisers, 
sondern auch als Mensch durch die Tiefe seines Gemüts, offene männliche 
Gradheit, echte Frömmigkeit, köstlichen Humor und höchste Liebenswürdigkeit 
rm Privatleben ausgezeichnet ist. 
2. Was Bismarck dem Staatswesen, das war der Feldmarschall, Graf 
Hellmut von Moltke dem Heer. Wie Stein, Scharnhorst und Gneisenau
	        
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