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6 Fremde Kolonisten nahm Friedrich gerne auf und half ihnen bei der Gründung
neuer Ansiedelungen. Bei der Verteilung der Ansiedler auf das Land ging er sehr weise
zu Werke. Er schickte dieselben in solche Gegenden, deren Verhältnisfe mit denen ihrer
bisherigen Heimat möglichst übereinstimmten. Die Württemberger und Hessen, welche
geschickte Ackerbauer waren, sandte er dahin, wo er den Ackerbau, die Holländer und
Friesen dahin, wo er die Viehzucht, die Pfälzer dahin, wo er den Obst- und Gartenbau
heben wollte. Auch für die Landesangehörigen errichtete er auf feine Kosten zahlreiche
Wohnstätten, um die Gründung von neuen Hausständen zu fördern.
7 Zu vergleichen mit der Größe eines bekannten Gebietes (Bürgermeisterei,
Kreis u. dgl.).
8 Die spärliche Bevölkerung konnte sich nur notdürftig von Fischfang, Jagd und
Viehzucht ernähren. Die schon im 16. und 17. Jahrh. unternommenen Schutzarbeiten
blieben ohne wesentliche Erfolge. Wenngleich Friedrich Wilhelm I. die Urbarmachung des'
Bruches für ein wichtiges Unternehmen hielt, so glaubte er dasselbe jedoch wegen seiner
Schwierigkeit und Kostspieligkeit nicht durchführen zu können, weshalb er diese Aufgabe
seinem Sohne hinterließ. Friedrich griff dieselbe im Jahre 1746 an. Zur Erreichung
des Zweckes war ein Dreifaches erforderlich:
1. der Oder einen möglichst schnellen Abfluß zu verschaffen,
2. sie mit tüchtigen Dämmen einzufassen und
3. das Binnenwasser abzufangen und abzuleiten.
Es war eine Riesenarbeit, diese Sümpfe trocken zu legen und zu fruchtbarem
Boden umzugestalten. Dennoch scheute der König keine Mühen und keine Kosten, dieses
Friedenswerk, das gleichsam ein harter Kampf gegen ungünstige Naturverhältnisse war,,
ZU Ende zu führen, was ihm auch glücklich gelang. Die Oder bekam ein neues, tiefes
Bett, das angrenzende Land wurde entwässert und durch Dämme gegen die verheerenden
Wasserfluten geschützt. Im ganzen wurden auf dem so umgewandelten Boden 43 neue
Ansiedelungen mit 1200 Familien begründet.
9 Die ehedem weit ausgedehnte Wildnis wurde einer der reichsten Ackerbaudistrikte
des Staates, zu einem sichern Heim für eine zahlreiche, durch ertragreichen Landbau wohl-
habend gewordene, zufriedene Bevölkerung.
10 Bald nach der Beendigung des siebenjährigen Krieges begann er auch die
Urbarmachung des großen Warthebruchs. Auch hier hat er eine etwa 310 qkm um¬
fassende anbaufähige Fläche dem Sumpf abgerungen, und bis zum Jahre 1785 waren
bereits 95 Ansiedelungen begründet. Während hier früher niemand ganze Strecken des
verwilderten Landes umsonst haben wollte, stieg von jetzt an mit jedem Jahre die Nach-
frage und der Preis, und schon zu Anfang dieses Jahrhunderts wurde der Morgen
(= 1k ha) mit 300 bis 350 Jt> bezahlt. In den Wäldern und Brüchen Pommerns
gründete er 59 Ansiedelungen; bis zum Jahre 1775 hob sich die Bevölkerung des platten
Landes in dieser Provinz von 228 000 auf 280 000 Seelen.
" In demselben Schreiben sagt er: „Ich gestehe, daß wenige Staaten sich
rühmen können, es uns an Sand gleichzuthuu; indessen machen wir doch in diesem
Jahre 190 qkm zu Wiesen; diese werden 7000 Kühen Futter geben, der Dünger von
ihnen wird uuseru Sandboden fetter machen, und die Ernten werden noch ergiebiger
ausfallen."
12 ®r verteilte 50 000 hl Getreide, das er bereits für einen Feldzug in den
Magazinen aufgespeichert Hatte, und 35 000 Pferde, die für die Geschütze und das Gepäck
bestimmt waren, gab er für den Ackerbau her.
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