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Am 10. Februar, als der König sich schon nach Breslau begeben und bereits zur
Stellung von freiwilligen Jägern aufgefordert hatte, ließ sich Blücher, welcher noch immer
von der Friedensliebe der Ratgeber des Königs hörte, in folgender Weife vernehmen:
„Ich kann alleweile nicht stillsitzen und nicht die Zähne zusammenbeißen, wenn
es sich um das Vaterland und um die Freiheit handelt. Laßt das Zeug von Diplomaten
zu allen Teufeln fahren! Warum soll nicht alles aufsitzen und los auf die Franzosen
wie ein Donnerwetter? Die dem Könige vorschlagen, noch länger zu zaudern und
mit dem Bonaparte Frieden zu halten, sind Verräter an ibm und an dem ganzen
deutschen Vaterlande und des Totschießens wert. Denn derweil wir hier schwatzen, anstatt
die Nation aus und in den Krieg zu rufen, haben die Franzosen Zeit und Gelegenheit,
ihre Armee wieder her- und einzurichten, und darum so sage ich: Marsch und aus und
mit dem Degen dem Feind in die Rippen!" fRichters Quellenbuch.)
3 Am 3. Februar erließ er einen Aufruf zur freiwilligen Bewaffnung. In kurzen,
einfachen Worten forderte er auf, in der gegenwärtigen gefahrvollen Lage des Staates ein
freiwilliges Jägerkorps und so eine Pflanzschule von künftigen Offizieren zu bilden. In
dem Aufruf war der Feind, gegen den es gehen sollte, nicht genannt. Aber das preußische
Volk verstand doch seinen König Sofort erhob sich die ganze gebildete Jugend; die
Universitäten schlössen die Hörsäle, die oberen Klassen der Gymnasien wurden leer, die
Turnplätze wurden Waffenplätze. Zuerst von Berlin kamen auf kecker Turnerfahrt acht
Jünglinge zu Fuß nach Breslau, mitten durch das heftigste Schneegestöber, mitten durch
das vom Feinde besetzte Land. Dann drängte sich alles herbei. In Berlin meldeten
sich in drei Tagen neuntausend Freiwillige. Der Jugend folgten die Männer; selbst die
höchsten Stellen des Staates schienen verwaist zu werden, und bald mußte eine neue
Verfügung dem allzu eifrigen Andränge steuern. Es bildeten sich die Freikorps. Sie
waren besonders dazu bestimmt, aus dem nichtpreußischen und zum Rheinbund gehörenden
Deutschland vaterlandsliebende, gebildete, kampflustige Jünglinge aufzunehmen. Das
berühmteste unter diesen ist das Lützowiche, welches den Totenkopf und die schwarze
Uniform führte. Thränen tiefster Rührung im Auge, sah König Friedrich Wilhelm von
seinem Fenster in Breslau herab die unübersehbare Reihe von Wagen aus Berlin an-
langen, von denen ibm die Jünglinge, oft noch eher Knaben zu heißen, entgegenjubelten.
Dieser Augenblick gab ihm den Glauben an sein Volk wieder, den er in dem schlimmen
Jahre 1806 fast eingebüßt hatte. Noch andere Männer kamen damals nach Breslau, so
Stein, Blücher, Scharnhorst, Gneifenau; alle Adler der sich vorbereitenden Erhebung
sammelten sich. Und derselbe Kampfesgeist zuckte bis in die tiefsten Volksschichten hinunter.
Bürger und Bauern hatten so Unsägliches an Bedrückung und Mißhandlung erfahren,
daß der nordische Ingrimm langsam, aber desto gewaltiger, mit aller Furchtbarkeit los¬
brach. Die Rekruten in ihren blauen Kitteln zogen mit trotzigem preußischen Soldaten-
gesang an den französischen Regimentern vorüber, denen es nachgerade in dem überall
glühenden Lande unheimlich zu werden anfing. (Lesebuch.)
4 Es war ein schwarzes gußeisernes Kreuz mit silberner Fassung; in dem obern
Flügel befand sich der Narnenszng F. W., in der Mitte drei Eichenblätter, unten die
Jahreszahl 1813.
Das eiserne Kreuz.
Auf der Nogat grünen Wiesen
Steht ein Schloß in Preußenland,
Das die frommen deutschen Riesen
Einst Marienburg genannt.
An der Mauer ist zu schauen
Bildnis, leuchtend, groß und klar,
Bildnis untrer lieben Frauen,
Die den Heiland uns gebar.