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an und sagte: „Gott hat den König nicht eingesetzt, um seine Tage in
Genuß zuzubringen, wie die meisten thnn, sondern um seine Länder wohl
zu regieren. Zur Arbeit sind die Regenten erkoren. Will aber ein Fürst
Ehre erwerben und mit Ehren seine Regierung führen, so muß er alle
seine Geschäfte selbst vollziehen." Im Sommer stand er täglich um 4,
im Winter um ti Uhr auf. Eine Stunde später mußten seine Räte er¬
scheinen und die eingelaufenen Schriftstücke ihm vorlegen. Alle wichtigen
Berichte las er selbst und schrieb an den Rand einen kurzen, oft derben
Bescheid, bei Ablehnungen mitunter nur das Wort „Narrenpossen".^
Bis 10 Uhr war er mit Regierungsangelegenheiten beschäftigt, die noch
übrige Zeit des Vormittags widmete er feinen Soldaten. Um 12 Uhr
wurde zu Mittag gegessen. Oft machte er Reifen durch das Land, um zu
scheu, wie seine Befehle erfüllt würden. Dabei war ihm keine Anstrengung
zu groß, keine Zeit zu früh oder zu spät; Wind und Wetter, Schnee und Eis
hielten ihn nicht zurück. Er untersuchte dann selbst, ob die Soldaten gehörig,
eingeübt waren, ob die Kinder in der Schule gut unterrichtet wurden. Er
sprach mit den gewöhnlichen Leuten, die ihm begegneten, über ihre Ver¬
hältnisse; ja, er ging oft in ihre Häuser, um zu sehen, wie sie lebten. Am
meisten achtete er auf die Beamten und kam oft ganz unvermutet, um
nachzusehen, ob sie ihr Amt recht verwaltet hatten. Wehe dann demjenigen,
der nachlässig oder träge gewesen war! So kam er eines Morgens, als
er gerade in Potsdam wohnte, an das Stadtthor und fand dasselbe noch
verschlossen. Vor dem Thore warteten viele Landbewohner, welche Gemüse
ans den Markt bringen wollten. Die Leute klagten, daß sie oft stundenlang
warten müßten, weil der Thorschreiber so lange schlafe. Da ging der
König in das Hans des Thorschreibers und suchte denselben in seinem
Schlafzimmer auf. Unbarmherzig schlug er auf ihn los, indem er rief:
„Guten Morgen, Herr Thorschreiber! Guten Morgen, Herr Thor¬
schreiber!" Der sprang eilig aus dem Bette und wartete künftig nicht,
bis der König ihn weckte.
Doch nicht allein den waffenlauten Räumen
Des Übungsplatzes war sein Thun geweiht,
Es galt auch allen lebenskräftigen Keimen
Des Friedens seine Thätigkeit.
Ein Feind von Müßiggang und leeren Träumen,
Hielt er in allen Dingen Maß und Zeit,
Und wußte so Gedeihen und Vermögen
Des Staats durch strengen Ordnungssinn zu pflegen.
B. 1 Eigentlich „General-Ober-Finanz-, Kriegs- und Domäueu-Direktorium."
2 Die damaligen Staatseinkünfte zerfielen in die Kriegsgefälle, d. h. die Abgaben
des Landes für die Heeresverwaltung, und in die Erträge der Domänen. Die Verwaltung
jener lag in den einzelnen Landesteilen den Kriegskommissariaten, die Verwaltung dieser