Full text: Handbuch für den Unterricht in der brandenburgisch-preußischen Geschichte

— 73 
an und sagte: „Gott hat den König nicht eingesetzt, um seine Tage in 
Genuß zuzubringen, wie die meisten thnn, sondern um seine Länder wohl 
zu regieren. Zur Arbeit sind die Regenten erkoren. Will aber ein Fürst 
Ehre erwerben und mit Ehren seine Regierung führen, so muß er alle 
seine Geschäfte selbst vollziehen." Im Sommer stand er täglich um 4, 
im Winter um ti Uhr auf. Eine Stunde später mußten seine Räte er¬ 
scheinen und die eingelaufenen Schriftstücke ihm vorlegen. Alle wichtigen 
Berichte las er selbst und schrieb an den Rand einen kurzen, oft derben 
Bescheid, bei Ablehnungen mitunter nur das Wort „Narrenpossen".^ 
Bis 10 Uhr war er mit Regierungsangelegenheiten beschäftigt, die noch 
übrige Zeit des Vormittags widmete er feinen Soldaten. Um 12 Uhr 
wurde zu Mittag gegessen. Oft machte er Reifen durch das Land, um zu 
scheu, wie seine Befehle erfüllt würden. Dabei war ihm keine Anstrengung 
zu groß, keine Zeit zu früh oder zu spät; Wind und Wetter, Schnee und Eis 
hielten ihn nicht zurück. Er untersuchte dann selbst, ob die Soldaten gehörig, 
eingeübt waren, ob die Kinder in der Schule gut unterrichtet wurden. Er 
sprach mit den gewöhnlichen Leuten, die ihm begegneten, über ihre Ver¬ 
hältnisse; ja, er ging oft in ihre Häuser, um zu sehen, wie sie lebten. Am 
meisten achtete er auf die Beamten und kam oft ganz unvermutet, um 
nachzusehen, ob sie ihr Amt recht verwaltet hatten. Wehe dann demjenigen, 
der nachlässig oder träge gewesen war! So kam er eines Morgens, als 
er gerade in Potsdam wohnte, an das Stadtthor und fand dasselbe noch 
verschlossen. Vor dem Thore warteten viele Landbewohner, welche Gemüse 
ans den Markt bringen wollten. Die Leute klagten, daß sie oft stundenlang 
warten müßten, weil der Thorschreiber so lange schlafe. Da ging der 
König in das Hans des Thorschreibers und suchte denselben in seinem 
Schlafzimmer auf. Unbarmherzig schlug er auf ihn los, indem er rief: 
„Guten Morgen, Herr Thorschreiber! Guten Morgen, Herr Thor¬ 
schreiber!" Der sprang eilig aus dem Bette und wartete künftig nicht, 
bis der König ihn weckte. 
Doch nicht allein den waffenlauten Räumen 
Des Übungsplatzes war sein Thun geweiht, 
Es galt auch allen lebenskräftigen Keimen 
Des Friedens seine Thätigkeit. 
Ein Feind von Müßiggang und leeren Träumen, 
Hielt er in allen Dingen Maß und Zeit, 
Und wußte so Gedeihen und Vermögen 
Des Staats durch strengen Ordnungssinn zu pflegen. 
B. 1 Eigentlich „General-Ober-Finanz-, Kriegs- und Domäueu-Direktorium." 
2 Die damaligen Staatseinkünfte zerfielen in die Kriegsgefälle, d. h. die Abgaben 
des Landes für die Heeresverwaltung, und in die Erträge der Domänen. Die Verwaltung 
jener lag in den einzelnen Landesteilen den Kriegskommissariaten, die Verwaltung dieser
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.