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treffliche Weideplätze für ihre Viehherden.) Welche Bewegung wurde
durch den Einbruch der Hunnen in Europa herbeigeführt? Wie wird
diese genannt? Erklärt den Namen Völkerwanderung! Gebt die Richtung
der Völkerzüge an? Warum diese Richtung? (Von Osten drängten
andere Völker nach. Der Süden lockte. Von ihm hatten sie viel gehört.
Er war fruchtbar.) Sprecht über die Dauer der Völkerwanderung!
Wollt ihr noch etwas fragen?
C. Übung: Erzählt von den kriegerischen Zusammen-
stößen!
Einprägung.
Zur Belebung.
Die Hunnen.
Anmerkung: Aus Ammianus Marcellinus: Bücher der Geschichte.
Dieser lateinische Schriftsteller, der um das Jahr 400 n. Chr. lebte,
schrieb eine Geschichte der ersten vier Jahrhunderte.
Er erzählt:
„Die Hunnen übertreffen alle Völker an barbarischer Wildheit. Den Knaben
durchfurchen sie gleich nach der Geburt mit einem Messer die Wangen, damit auf der
narbenzerissenen Haut kein Bart wachse. Alle haben gedrungenen und festen Glieder-
bau und starken Nacken und gleichen roh behaltenen Holzfiguren, wie man sie an
Brückengeländern sieht. Bei ihrem ungeheuerlichen Aussehen möchte man sie für
wilde Tiere halten, Ihre Lebensart ist wild und rauh, bei der Zubereitung ihrer
Speisen gebrauchen sie weder Feuer noch Gewürz. Sie leben von den Wurzeln wild¬
wachsender Pflanzen und von dem halbrohen Fleische aller möglichen Tiere, das sie
zwischen ihren Schenkeln und dem Rücken der Pferde mürbe reiten. Sie bewohnen
kein Haus, sondern vermeiden jedes Gebäude, als wäre es ein Grab. Nicht einmal
Hütten mit einem Strohdach haben sie. Immer schweifen sie durch Berg und Wald.
Frost, Hunger und Durst lernen sie von Jugend aus ertragen. Sie kleiden sich in
leinenen Gewändern oder Pelzen. In der Öffentlichkeit tragen sie kein anderes Kleid
als im Hause, und sie legen ihr Gewand nie ab, wechseln es auch nicht, bis es ihnen
vom Leibe fällt. Mit einer niederen Kappe decken sie das Haupt; ihre Schuhe sind
formlos, daß sie ein freies Ausschreiten unmöglich machen. Schlecht eignen sich daher
die Hunnen zu einem Kampfe zu Fuß. An ihre häßlichen, doch ausdauernden Pferde
sind sie rote angewachsen; Tag und Nacht leben sie auf ihnen. Dort kaufen und
verkaufen sie, dort essen und trinken, dort schlafen und träumen sie, indem sie sich
vornüber auf den Hals des Rosfes beugen. Selbst bei Versammlungen und Beratungen
steigen sie nicht ab. Von strenger Königsgewalt werden sie nicht gebunden; in wildem
Durcheinander, einer der Häuptlinge voran, stürzen sie aus alles, was ihnen entgegen-
tritt. Meist beginnen sie den Angriff, selten erwarten sie ihn; aber immer erheben
die Haufen ein furchtbares Schlachtgeschrei. Von außerordentlicher Gewandtheit und
Schnelligkeit zerstreuen sie sich plötzlich im Kampfe und jagen zurück, um sich zu
neuem Ansturm zu sammeln und dann unter den Gegnern unerwartet ein furchtbares
Blutbad anzurichten. Eine Verschanzung greifen sie nicht an, ein festes Lager plündern
sie nicht; zum Belagern fehlt ihnen alle Ausdauer. Nichts aber gleicht der Gewandtheit,
mit der sie im Kampfe aus der Ferne den Pfeil, der zwar nur in einen spitzen
Knochen ausläuft, aber mit großer Geschicklichkeit gearbeitet ist, abschießen. Im
Handgemenge brauchen sie das Schwert mit rücksichtsloser Verwegenheit. Während
der Feind sich gegen ihre Schwerthiebe wehrt, wissen sie ihm mit der linken Hand
eine Fangleine überzuwerfen, um ihn zu verstricken und wehrlos zu machen.
Niemand bestellt bei ihnen den Acker, niemand berührt den Pflug. Ohne feste
Wohnsitze, ohne Obdach, ohne Gesetze und Recht schweifen sie mit ihren Karren, die
mit Fellen überzogen sind, umher. Die Karren sind die Wohnungen ihrer schmutzigen
Weiber; dort weben die Weiber die groben Kleider, dort ziehen sie die Kinder auf,
bis sie erwachsen sind. Keiner kann sagen, wo er geboren ist. Treulos und un-