Object: Lehrreiche und anmuthige Erzählungen aus der brandenburgisch-preußischen Geschichte

22 
daß er die Religion und die Kirche sehr in Ehren hielt; daß er 
die Gerechtigkeit liebte und in der Verwaltung seines Landes manche 
gute Aqprdnung traf. Er ist deshalb mit Recht unter die guten 
Fürsten unsers Vaterlandes zu rechnen, wenn er auch dasselbe nicht 
vergrößerte, sondern nur die ererbten 666 Quadratmeilen seinem 
Nachfolger hinterließ. Doch schloß er einen merkwürdigen Vertrag 
mit seinem Vetter und Freunde, dem Markgrafen Georg Friedrich 
in Franken. Diesem gehörte Anspach und Baireuth und das Für¬ 
stenthum Iägerndorf in Schlesien. Dazu war er Regent im Her- 
zogthume Preußen, denn der Herzog dieses Landes war blödsinnig 
geworden und konnte die Regierung nicht führen. Dieser reiche 
Vetter in Franken hatte keine Kinder, und die Kurfürsten von 
Brandenburg waren seine nächsten Erben. Im Jahre 1598 ver¬ 
machte der Markgraf den Brüdern unsers Kurfürsten seine Be¬ 
sitzungen mit der Bedingung, daß sie an die kurfürstlichen Länder 
keinen Anspruch machen könnten; die Regierung über Preußen sollte 
aber Joachim Friedrich führen, und Brandenburg nach dem Tode 
des blödsinnigen Herzogs ganz Preußen erben. Fünf Jahre nach¬ 
her starb der Markgraf, und die Bestimmungen des Testaments 
gingen in Erfüllung. Und um das Erbrecht auf Preußen recht 
bündig zu machen, heirathete der Kurfürst die zweite Tochter des 
preußischen Herzogs, nachdem schon früher der Kurprinz Johann 
Sigismund die älteste geheirathet hatte. Unsere Geschichte wird 
bald erzählen, wie unser Vaterland durch diese Doppelheirath andere 
Landestheile erwarb. 
16. Der Kurfürst Johann Sigismund. 
Die Regierung Johann Sigismund's ist mit Zank und Streit 
über Erbschaft und Erbschaftsrechte ausgefüllt. Den Anfang machte 
die Uebernahme der vormundschaftlichen Regierung in Preußen. 
Hier waren erst Adel und Volk und nachher Polen und dessen Land¬ 
stände sehr dawider, daß der brandenburgische Kurfürst die Regie¬ 
rungszügel ergreifen und dadurch so halb und halb bereits in den 
Besitz des Landes kommen sollte. Doch dieser Zwiespalt löste sich 
durch Bestechungen und Ueberredungen bald in Zufriedenheit aller 
Theile auf, und Brandenburg erreichte seinen Zweck. Aber während 
man noch beschäftigt war, diese Angelegenheit beizulegen, war auf 
einem andern Punkte ein anderer Erbschaftsstreit im Gange, der 
nicht so schnell und gütlich abgemacht wurde. Der Herzog von 
Jülich, Cleve, Berg und Graf von Mark und Ravensberg, Johann 
Wilhelm, starb 1609 kinderlos und hinterließ eine schöne Erbschaft. 
An diese hatte nur die älteste Schwester des Verstorbenen, die Her¬ 
zogin von Preußen, Marie Eleonore, gegründete Ansprüche, denn
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.