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Erzählungen.
Nun war unter den Hamburger Kaufleuten auch vr. Johannes
Möller, Pastor zu St. Petri in Hamburg, der seine Vaterstadt Breslau
besucht hatte und von Magdeburg aus mit den Kaufleuten heimreiste.
Den ließ der gute König in der Schloßkirche zu Spandau vor ihm und
seinen betrübten Hamburger Gästen zu deren geistlicher Stärkung im
weltlichen Ungemach predigen. Aber obgleich Herr Pastor Möller über
den ihm aufgegebenen Text: Ev. Matth. 19,21: „Gehe hin, verkaufe,
was du hast und gib's den Armen, so wirst du einen Schatz im Him¬
mel haben", (und Vers 23) „denn ein Reicher wird schwerlich ins
Himmelreich kommen", eine gar beschauliche und erbauliche Predigt hielt,
wollte es bei den Kaufleuten doch nicht verfangen, und sie blieben, was
man damals hieß, „verstörzt". Selbst die Ehren und Freuden der könig¬
lichen Tafel, bei welcher sie auf Sr. Majestät freundliche Einladung als
seine lieben Gäste erschienen, konnte ihren melancholischen Tiefsinn nicht
zerstreuen: einigermaßen froh waren sie erst, als sie, mit gutem Urlaub
und Geleitsbrief vom König entlassen, sich wieder mit ihren glücklich
geretteten 34 Wagen einige Meilen von Spandau auf dem Wege nach
Hamburg befanden. Pastor Möller hatte gut trösten; der hatte natür¬
lich kein Geld gehabt, also auch keins verborgen müssen, sondern noch
obendrein für seine Predigt ein ansehnliches Geschenk als königliche Ver¬
ehrung bekommen, war also der einzige, der bei dieser unglücklichen Fahrt
nicht übel gefahren war.
Es muß aber zu Ehren des großen Königs Gustav Adolf noch
erzählt werden, daß die von ihm mit so unwiderstehlicher Freundlichkeit
jenen Hamburgern abgeliehenen 80,000 Taler zwar erst nach seinem
Tode (denn er starb leider schon im nächsten Jahr darauf), doch bei
Heller und Pfennig von der Krone Schwedens nach dem Westfälischen
Frieden, i.J. 1650 gegen Einlieferung der königlichen Schuldverschreibungen
den Gläubigern oder ihren Erben zurückbezahlt worden sind.
9. Kapitän Karpfangers Kiide.
O. Beneke, Hamburgische Geschichten und Denkwürdigkeiten.
In der Bai von Cadix lag das „Wapen von Hamburg" vor
Auker uud erwartete die Ausfertigung der Handelsschiffe, um nach der
Insel Wight zu gehen und von da heimzukehren. Carpfanger, Convoi-
Kapitän der Hansestadt, hatte im Juli auf der Fregatte seine Fahrt
nach dem Süden angetreten, um den Handelsschiffen das Geleit zu
geben. Etwa 20—30, oft 40—50 Kauffahrer sammelten sich damals
um ihr Convoischiff wie wehrlose Leute um einen gewappneten Mann.
Der Kapitän desselben war ihr Admiral; denn nicht nur die Vertei¬
digung gegen Korsaren und Kaperschiffe, sondern auch gegen Wind und