III. Die Zeit der Lehensherrschaft.
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die alten Volks- und Heldensagen, die bis dahin nur mündlich überliefert worden,
sammeln und ausschreiben. Auf seinen Gütern ließ sich Karl alle Rechnungen
vorlegen; dann überzählte er Einnahme und Ausgabe, als wäre er nichts als
ein Landmann. Er starb im Jahre 814. Über seine Grabstätte ist nichts Genaues
bekannt. Im Münster zu Aachen wird sein Grabstein, der die Aufschrift „Carolo
Magno" trägt, gezeigt.
III. Die Zeit der Lehensherrschaft.
11* Das alte deutsche Reich in seinen Anfängen.
843.
1. Der Zerfall des Frankenreichcs. So lange Karl der Große
lebte und für Recht und Ordnung sorgte, erging es dem Volke wohl.
Sein Sohn und Nachfolger, Ludwig der Fromme, konnte aber das
große Frankenreich nicht zusammenhalten. Nicht einmal feine Söhne
konnte er zum Gehorsam zwingen; sie empörten sich gegen den eigenen
Vater, so daß dieser voll Schmerz darüber starb. Endlich teilten die
Brüder das Land unter sich. Das geschah im Jahre 843 im Ver¬
trage zu Verdun. Der eine erhielt das Land westlich vom Rhein,
das heutige Frankreich, der andere das Land östlich vom Rhein und
der dritte, Lothar, einen breiten Streifen zwischen beiden, das später
den Namen Lotharingen erhielt. Jeder der Brüder schaltete nun in
seinem Lande, wie er wollte.
2. Der Anfang des deutschen Reiches. 843. Der Bruder, der
den östlichen Teil des Frankenreiches erhielt, hieß Ludwig. Sein Land
reichte vom Rhein bis zur Elbe und Saale und zum Böhmer Wald, von
der Nordsee bis zu den Alpen. Nach Art der Franken betrachtete sich
Ludwig als König der Ostfranken. Bald sollte jedoch Land und Volk
einen andern Namen bekommen. Die Sachsen, Bayern, Schwaben und
Franken hatten seit Karl dem Großen ihre besonderen Herzöge ver-
loren und gelernt, einem Könige zu gehorchen. Sie redeten dieselbe
Sprache, und manche Sitten waren ihnen gemeinsam. Daran merkten
die verschiedenen Stämme und Völkerschaften, daß sie als ein Volk
zusammengehörten. Weil nun das Volk die eigene Sprache wohl ver-
stand, nicht aber die Sprache der südlichen und westlichen Nachbarn,
die vieles in ihrer Sprache von den Römern angenommen hatten, auch
nicht die Sprache der Geistlichen, denn diese redeten ganz lateinisch,
so nannten bie Ostfranken ihre Sprache die deutsche, d. h. die deut¬
liche, die volkstümliche, da jedermann im Volke sie verstehen konnte.
Alle, die diese Sprache redeten, fühlten sich als ein Volk, nannten sich
Deutsche und das Land, das sie bewohnten, Deutschland. Ludwig,
der erste König des deutschen Reiches, erhielt den Beinamen „der
Deutsche".
3. Die alten Herzogtümer. Die einzelnen Stämme im Reiche
strebten nun danach, ihre alte Selbständigkeit wieder zu erlangen. Nament-
lich wollten die Nachkommen ber alten Stammesherzöge die Herzogs-
würde wieber herstellen. Dies gelang um so leichter, als räuberische
Tecklenburg, Deutsche Geschichte. 2