Full text: Geschichte des Mittelalters (Teil 2)

72 Das Mittelalter. Christlich-germ. Staaten auf dem Boden des röm. Reiches. 
Karl der Dicke beerbte 882 auch den zu Frankfurt gestorbenen Lud- 
wig II. Er zog mit einem gewaltigen Heere gegen die Normannen und be- 
lagerte sie bei Aschloh an der Maas in der Nähe von Lüttich, schloß aber 
mit ihnen einen schimpflichen Vertrag, der für den Augenblick zwar das öst- 
liche Reich von den Drängern befreite, dem Ansehen des Königs aber schwerern 
Abbruch that als eine Niederlage. Das Westfrankenreich empfand nun die 
Plage doppelt und dreifach. Und der untüchtige Karl, der auch in Italien 
gegen die Parteien und die Araber machtlos war, erhielt im Jahre 885 durch 
Wahl der westfränkifchen Großen zu Ponthion nochmals das ganze Reich 
Karls d. Gr. bis auf das selbständig bleibende Burgund. Dem furchtbar 
bedrängten und durch den Grafen Odo heldenmütig verteidigten Paris kam 
er langsam zu Hilfe und entehrte das Kaisertum durch einen zweiten schwach- 
vollen Vertrag, indem er den Belagerern Winterquartiere in dem seither von 
den Räubern noch unberührten Burgund anwies. Während er, an epilep- 
tischen Anfällen schwer leidend, sich fruchtlos bemühte, seinem unechten Sohne 
Bernhard die Anerkennung zu sichern, verlor er selbst den Thron, ohne daß 
er förmlich entsetzt ward. Sein Neffe Arnulf rückte nach dem Rhein und 
nahm im November 887 die Huldigung der Großen von Bayern, Franken, 
Sachsen und Thüringen entgegen. Auch von den Schwaben Verlasien, starb 
der körperlich und geistig sieche Kaiser auf dem königlichen Hofgnt Neudingen 
an der Donau (in Baden, 13. Januar 888), wie es heißt, durch Gewalt, 
und fand in der Kirche des Klosters auf der Insel Reichenau im Bodensee 
seine Ruhestätte. So zeigt das Jahr 888 den gleichen Vorgang im Osten 
und im Westen: in der Not helfen sich die Völker selbst und heben den 
Mann auf den Thron, auf den sie Vertrauen setzen; dort Odo und Rudolf, 
hier Arnulf. 
Arnulf (887—899), ein Mann von kräftigem, fast wildem Charakter, 
suchte wie sein Vorgänger seine unechten Söhne zu legitimieren und näherte 
sich, da auf die weltlichen Großen wenig Verlaß war, der Geistlichkeit. We- 
nigstens erreichte er die äußerliche Anerkennung seiner Oberhoheit bei den auf 
den Trümmern des karolingischen Reiches errichteten Teilherrschaften. Aber 
in Kämpfen mit den Dänen und Obotriten beschäftigt, konnte er nicht ver- 
hindern, daß Rastislaws Neffe Swatopluk (Zwentibold) von Mähren die 
fränkische Oberherrschaft abschüttelte. Als er gegen diesen ziehen wollte, rieben 
die Normannen (Juni 891) ein deutsches Heer bei Maastricht auf und 
zwangen ihn, die Waffen gegen sie zu kehren. Indem er die Bayern gegen 
die Mähren zurückließ, bot er die Rheinfranken und Alemannen wider die 
Normannen auf. Die Alemannen aber verließen ihn auf dem Marsche; sie 
hingen Karls Sohn Bernhard an und zeigten sich erst nach dessen geroalt- 
samem Tode fügsamer. Das fränkische Heer hatte am Geulenbache bei 
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