Full text: Geschichte der Neuzeit (Teil 3)

12 Zeitalter der Glaubensspaltung (Reformation). Religionskriege. 
vor der fürstlichen Gewalt. In den angeschlagenen Ton stimmten andere ein 
und überboten ihn, wie der Franziskaner Johann Eberlin von Güwz- 
bürg. Die ebenso heftigen Gegenschriften konnten den entzündeten Brand 
nicht löschen, sondern gössen eher Öl ins Feuer. Die sociale Revolution, 
personifiziert in der Gestalt des aufrührerischen Bauern „Karsthans", war 
unausbleiblich; und wie Ulrich Zasius, anfangs ein begeisterter Verehrer Luthers, 
verkündete, daß „der zügellose Pöbel unter dem Vorwande des Evangeliums in 
jede Nichtswürdigkeit ausschweifen werde", so machte der Satiriker Thomas 
Murner aus Straßburg (f 1536) in seiner Streitschrift Luther verant- 
wortlich für den bevorstehenden „Bundschuh". „Ungefragt", lautet das Urteil 
Bezolds, „wird Luther zum Abgott der revolutionslustigen Bauernschaft gemacht, 
deren alte Pfaffenfeindschaft und Hoffnung auf die Gerechtigkeit Gottes' leicht 
genug der Anziehungskraft der neuen evangelischen Losungsworte folgten." 
Inzwischen erwirkte der leidenschaftliche Eck in Rom die Verdammung 
von 41 Lehrsätzen Luthers und erhielt den Auftrag der Verkündigung der 
wider denselben unter dem 15. Juni 1520 erlassenen Bannbulle in mehreren 
Diöcesen. Daß man den bekannten Gegner hiermit betraute, war höchst 
unklug; denn sie erschien so in den Augen vieler als ein Racheakt Ecks und 
konnte an mehreren Orten nicht publiziert werden; in Erfurt, Torgau, Leipzig 
wurde sie beschimpft; der Kurfürst beachtete sie kaum. Der Gebannte selbst 
entgegnete in einer neuen grimmigen Schmähschrift „Wider die Bulle des 
Endchrists" (17. Nov. 1520) und antwortete aus die in Löwen, Köln und 
Mainz vollzogene Verbrennung seiner Schriften damit, daß er am 10. Dez. 
1520 vor dem Elsterthore zu Wittenberg die päpstliche Bulle und die Bücher 
des kanonischen Rechts verbrannte „als gottlose Bücher, worin nichts Gutes 
ist, und wenn auch etwas Gutes darin wäre, alles doch zum Schaden und 
Befestigung ihrer antichristlichen Tyrannei verkehrt ist". Fand dieser Schritt 
auch die Billigung seiner Verehrer, so wandten sich doch andere seitherige An- 
Hänger, die zwar eine Heilung der kirchlichen Gebrechen, nicht aber eine Trennung 
von der Kirche gewollt, jetzt von ihm ab und kehrten von dem betretenen Wege 
um. Das Jahr 1520 hat für die Kirche und das deutsche Volk fast eine 
größere Bedeutung als 1517, da es beide zerriß. Vergeblich machte der junge 
Kaiser, welcher am 23. Oktober den Stuhl Karls des Großen zu Aachen bestieg, 
die Wiederherstellung der Einheit zu seiner Lebensaufgabe. Das war der „werte 
König" Karl, „das edel Blut", auf welchen alle ihre Hoffnung setzten. 
3. Kaiser Karl T. (1520—1558). 
Kaiser Maximilian I. hatte sich durch Verhandlungen und reiche „Hand- 
salben" angelegentlichst bemüht, die Kurfürsten für die Wahl seines Enkels 
Karl zu gewinnen. Nur Friedrich der Weise von Sachsen, wie Georg der
	        
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