Full text: Deutsche Geschichte bis zur Folgezeit des dreißigjährigen Krieges (H. 3 = Kl. 3)

Die Folgen des Krieges. 
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„Frankreich hat es weit gebracht; Frankreich kann es schaffen, 
daß so manches Land imb Volk wird zu seinem Affen." 
Hutf) der schlimmste Aberglaube war ein Merkmal der Seit. Schon in allen 
Kriegsheeren war er verbreitet gewesen. Da glaubte man an Wundersalben, welche 
hieb, und stichfest machten; da goß man Kugeln, welche unfehlbar trafen; da brauchte 
man Zaubermittel, um vergrabene Schätze zu finden, fluch Hach dem Kriege regierte in 
allen Ständen der Aberglaube. An den Fürstenhöfen ließ man sich das Horoskop 
stellen, beschäftigte Goldmacher und wollte das Lebenselixier und den Stein der 
Weisen erfinden. Ganz allgemein verbreitet war der hexenglaube. 
Der hexenglaube ist uralt. (Er war bis dahin niemals ganz geschwunden, und 
er lebt hier und da noch heute. 
Sein Ursprung ist in der heidnischen Vorzeit zu suchen, was die himmlischen Wal¬ 
küren oder Idisen früher bedeutet hatten, war allmählich vergessen worden. Einst hatten 
sie auf feurigen Rossen die gefallenen Helden von der Walstatt hinaus nach Walhalla 
geführt. Man dachte sie sich jetzt im Walde (Hag) wohnen; sie wurden zu Wald- oder 
Hag-Idisen, zu hagsen, zu hexen, und man dachte sie sich als Teufelinnen gestaltet. — 
Sic nahmen nach allgemeinem Glauben aber auch Menschengestalt an, verwandelten die 
Milch der Kühe in Blut, brachten Hagelschlag und Mißwachs, konnten dem Vieh und den 
Menschen Schlimmes „antun“ durch ihren „bösen Blick". Alljährlich in der tDalpurgis- 
nacht (30. Rpril bis 1. Mai) hatten die hexen nach dem Glauben der Menschen „frei 
Tanzen". Da verderbten sie das Vieh; in der Geisterstunde sammelten sie sich an Kreuz- 
wegen ritten auf Besenstielen und Heugabeln durch den Schornstein in die Lüfte und 
bis auf den Blocksberg (= den Brocken) „zum Teufel und seiner Großmutter". Noch 
heute geht es nach der Überzeugung vieler Landleute am „Hexenabend" nicht recht richtig 
— Die Heiligen Kaspar, Melchior und Balthasar galten als besonders kräftige Schützer, 
bis in unsere Tage hinein konnte man selbst in protestantischen Gegenden an Stalltüren 
die geheimnisvollen Schriftzeichen lesen: K M -j- B. wehe in früheren Seiten einem 
armen Weibe, das als Hexe verdächtigt wurde! 
Früher führte dieser Aberglaube zu den schrecklichen Hexenprozessen. Niemand 
vermag die Zahl der unglücklichen Frauen abzuschätzen, die als hexen erst gefoltert 
und dann lebendig verbrannt wurden. Selbst kleine Kinder sind als hexen auf den 
Scheiterhaufen geschleppt worden. 
31. Das Seitalter Ludwigs XIV. 
1. L’Etat c’est moi! 3n Frankreich endete der Kamps zwischen dem Reichs* 
Oberhaupt und den Großen gerade entgegengesetzt wie in Deutschland; die Macht 
des Königs war zuletzt völlig ohne Schranken (,,absolut"), und der Staat bildete 
eine feste Einheit. 
Zur Zeit des Dreißigjährigen Krieges war Ludwig XIII. König von Frankreich. 
Die Regierungs gef ch äste übertrug er ganz und gar seinem Minister, dem Kardinal 
Richelieu. Dieser hat den französischen Adel noch vollends unterworfen. Auf Ludwig XIII. 
folgte fein Sohn Ludwig XIV. (1643-1715). Eine ungeheure Macht lag in seinen 
Händen. Über die Staatseinnahmen konnte er verfügen, konnte also Geldsummen
	        
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