Object: Geographische Charakterbilder aus Europa (Teil 2)

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Süd - Europa. 
25. 
In Olympia. 
— WitHetrn Lcrng — 
Wir zogen die „heilige Straße" nach Olympia, die jetzt nur 
noch ein steiniger Reitpfad ist. Schon sind wir nnserm Ziele nahe: 
dort zur Linken werden ans der Höhe die Häuser des kleinen 
Dorfes Druva sichtbar; es geht über einen bewaldeten Hügel hin- 
weg; dort fließt der Alpheios — die Ebene von Olympia liegt 
vor uns ausgebreitet. Sie erscheint rings umschlossen von den leicht 
bewaldeten Anhöhen; weder vermag der Blick aufwärts zu dem Ge¬ 
birge, wo der Alpheios feinen Lauf begiuut, uoch abwärts zur Niederung 
zu dringen. Eine dumpfe schwüle Luft erfüllt das Thal; verlassen, 
öde, reizlos siud die beiden Ufer. Selbst der grüne Schimmer, den 
der Frühling über die Landschaft gebreitet hat, ist nur wie das weh- 
mütige Aufleuchten einer bald wieder begrabenen Hoffnung. Nach 
Osten schließt der Höhenzug mit eiuem steilen, spitzen Berg, der einst 
die Stadt Phrixa getragen hat. Zur Linken aber springt in geringer 
Entfernung aus dem waldigen Olymposgebirge ein niedriger Hügel 
keck in das Thal heraus, mit scharfen Kanten zur Spitze zulaufeud; 
es ist der Kronion-Hügel, wo einst das Heiligtum des Baters des 
Zeus stand, das älteste Heiligtum der Gegend. Zu seinen Füßen 
bemerken wir jetzt mit einemmal einen langgezogenen Streifen frisch 
aufgeworfener Erde. Es sieht von ferne aus, als ob hier eilig Ber- 
schauzuugeu gegen einen drohenden Feind aufgeworfen würden. Es 
ist das Feld der Ausgrabungen von Olympia. 
Noch eine Viertelstunde geht es an dem buschigen Hügel hin, 
von dessen vorderster Ecke schon das deutsche Haus, wo wir Herberge 
siudeu werdeu, herabsieht. Jetzt sucheu unsere Pferde eine Furt durch 
den tiefgeschnittenen Kladeos, der zwischen dem Kronion und der Höhe 
von Druva herabeilt. Noch ein paar Schritte, und sie machen Halt 
vor dem Ausgrabungsfeld. Alles ist in voller Arbeit. Über hundert 
fleißige Hände sind beschäftigt, Erde abzuheben, Schutt wegzuräumen, 
die abgelösten Teile sorgfältig zu untersuchen. Die buntesten Kostüme 
hantieren mit Hacke, Karren und Spaten; doch den wenigsten fehlt 
der rote Fes uud die albauesifche Fustauella. Mit Erde beladene 
Schubkarreu verschwinden in den langen Abzugsgräben, um leer wieder- 
zukehreu. Da und dort lagern Soldaten von der Bewachungsmann- 
schast, in langen grauen Mänteln, Schnabelschuhe an den Füßen
	        
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