12 I. Die Zeit der Französischen Revolution und Napoleons I., 1789-1815. § 105—106
beiden deutschen Großmächte im Kriege gegen Frankreich beschäftigt waren,
hielt die russische Kaiserin Katharina II. die Zeit für günstig, Polen
dem Russischen Staate einzuverleiben. Sie verstand es, Unruhen in Polen
zu erregen, indem sie einen Teil des Adels zum Widerstande gegen die
neue Verfassung gewann, und ließ „zur Wiederherstellung der Ordnung"
das Land besetzen. Jedoch auch Preußen schickte ein Heer, und nun
einigten sich beide Mächte, ohne Osterreich hinzuzuziehen, zur zweiten
1793. Teilung Polens, Januar 1793. Preußen erhielt Dauzig, Thoru und
Südpreußen (Buntkarte 13).
Nach der Hinrichtung SifWigs XVI. schlössen England, Preußen
und Osterreich gegen die Französische Republik eine Koalition, der
auch Holland, das Deutsche Reich und einige italienische Staaten beitraten.
Der Krieg wurde auf verschiedenen Schauplätzen geführt. Zur See be-
hauptete die überlegene englische Flotte den Sieg; die Franzosen ver-
loren ihre meisten Kolonien in Ost- und in Westindien. Zwischen Preußen
und Österreich war das Einvernehmen getrübt durch die polnische An-
gelegenheit, uud ihre Unternehmungen wurden dadurch gelähmt. Die
Österreicher erlagen in Belgien den Heeren der Französischen Republik,
nachdem Carnot, Mitglied des Wohlfahrtsausschusses, die National-
Verteidigung in die Hand genommen und ein allgemeines Aufgebot er-
lassen hatte. Von Belgien aus besetzten die Franzosen auch Holland.
Die Preußeu dagegen unter dem Herzog von Braunschweig vertrieben
die Franzosen aus Mainz und kämpften siegreich gegen sie bei Kaisers-
lautern.
1794. 1794 empörten sich die Polen gegen die russische Besatzung, wurden
aber vou Preußen und Russen besiegt. Auch Österreich schickte ein Heer,
1795. um nicht wieder leer auszugehen. 1795 teilten die drei Mächte den
Rest des Landes, nachdem sich Österreich und Rußland zum Nachteil
Preußens darüber verständigt hatten. Preußen erhielt Warschau und
Neu-Ostpreußen.
Wegen der selbstsüchtigen und unfreundlichen Haltung der beiden
Nachbarmächte in der polnischen Angelegenheit und wegen der Er-
schöpfung des Staatsschatzes trennte sich König Friedrich Wilhelm von
der Koalition und schloß mit Frankreich den Baseler Frieden, in dem er
seine linksrheinischen Besitzungen gegen später festzusetzende Entschädigung
und gegen die Zusicherung der Neutralität für Norddeutschland an Frank¬
reich überließ.
§ 106. Das Ende der Französischen Republik.
1769. 1. Napoleon Bonaparte (italienisch Bnonaparte) wurde geboren 1769
in Ajaceio [spr. ajotscho], kurz nachdem die Korsen von den Franzosen
unterworfen waren. Er war der Sohn eines Advokaten aus korsischem
Adelsgeschlecht, der mit seiner zahlreichen Familie in dürftigen Ver-
Hältnissen lebte. Durch die Vermittlung des französischen Gouverneurs,