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Als Ausweis für das Alter und die Herkunft der Taube erhält
dieselbe in den ersten Tagen ihres Lebens (während die Zehen noch sehr
biegsam sind) einen kleinen Ring über den rechten Fuß gestreift, welcher
abgekürzt den Namen der Station oder des Eigentümers, das Jahr der
Geburt und die laufende Nummer der Taube trägt. So zeigen die Ringe
der für den Notpostdienst in Deutsch-Ost-Afrika bestimmten Tauben für
1890 folgende Buchstaben D. 0. A., außerdem die Zahl 1890 und die
laufende Nummer von 1 bis 600.
Um über die Abstammung der Tauben auch in späteren Jahren
Kenntnis zu haben und eine möglichst vorzügliche Art heranziehen zu
können, legt man sogenannte Stammregister an, in welchen Farbe, Ge¬
schlecht, Abstammung, Nummer des Ringes der Taube und besonders
genaue Angaben über ihre Leistungen, sowie über die Zahl und Nummer
ihrer Jungen aufgezeichnet werden.
Die ausgedehnteste Brieftaubenzucht wird jetzt in Belgien und den
Niederlanden getrieben, wo man sich schon anfangs dieses Jahrhunderts
der Brieftauben bediente, um wichtige Nachrichten für den Handel und
Geldverkehr zu übermitteln und abzusenden. Soll doch schon das Haus
Rothschild in London durch eine Brieftaube die erste Nachricht von dem
Siege bei Waterloo erhalten und darauf große gewinnbringende Geld¬
geschäfte gegründet haben.
In Italien ist dem Leiter des Brieftaubenwesens, Hauptmann Mala-
goli, in neuester Zeit gelungen, was man in Frankreich und Holland
bisher vergeblich erstrebte, nämlich Tauben ans den Hin- und Rückflug
abzurichten und dadurch zwei Orte dauernd so mit einander zu verbinden,
daß der Austausch von Brief und Antwort täglich mehrmals durch die¬
selben Tauben stattfinden kann. Malagoli erreichte dies bei etwa 90 %
der Versuchstauben in folgender Weise. Zunächst wurden junge Tauben
aus dem Stammschlage Civitavechia allmählich mit dem 65 km langen
Wege nach Rom bekannt gemacht und dann in Rom in einem neuen
Schlage untergebracht, so daß dieser ihr Aufenthaltsort wurde. Später
entzog man ihnen in Rom 2 Tage lang das Futter und transportierte
sie darnach nach Civitavechia zurück, wo sie gefüttert und sofort nach Rom
zurückgebracht wurden. Dies wiederholte man acht mal. Nachdem man
sie nun in Rom wieder 3 Tage lang fasten ließ, flogen sie nach kurzem
Zögern nach Civitavechia, das sie nach Meldung des Telegrafen in zwei
Stunden erreichten. Nach Abnahme der Briefe und nach erfolgter
Fütterung fanden sie sich eine Stunde später wieder in Rom ein. — Auch
in Deutschland werden Versuche in dieser Richtung angestellt werden.