Full text: [II = Oberstufe] (II = Oberstufe)

9 
die Schlüssel der Stadt zu übergeben und ordnete die Wahl des Rates 
durch die Bürgerschaft an. Er trennte auch die Verwaltung beider Städte 
und erbaute zwischen ihnen eine feste Burg. 
Vom deutschen Ritterorden, den der Kurfürst in den Kriegen mit 
Geld unterstützt hatte, erwarb er die Neumark. Auch einige Teile der 
Lausitz fielen ihm zu (Kottbus, Peitz, Teupitz). 
Joachim I. (Mestor), 1499—1535. 
1) Seine gelehrte Bildung. Er war erst 15 Jahre alt, als 
sein Vater (Johann Cicero) starb. Aber er hatte von dem Bischof 
von Lebus, einem hochgelehrten Mann, eine ausgezeichnete Erziehung 
erhalten, fo daß er die Regierung selbst übernehmen konnte. Daher 
huldigten ihm die Stände. Wegen seiner Klugheit und Redefertigkeit 
bekam er den Zunamen Nestor. (So hieß ein weiser, erfahrener 
Grieche, der 1200 Jahre vor Christus gelebt hat.) Gelehrte Fürsten 
suchten damals ihren Ruhm in einer blühenden Hochschule. Daher 
gründete auch Joachim in den ersten Jahren feiner Regierung eine 
solche zu Frankfurt a. d. O. (Seit 1811 befindet sie sich in Breslau.) 
2) Die Raubritter. Da der Kurfürst noch jung war, glaubten 
die Raubritter, ihr altes Handwerk wieder aufnehmen zu können. 
Teils aus Not, teils aus bloßer Lust am Plündern trieben sie des 
Nachts Wegelagerei. Darunter waren sogar Adlige, die bei Tage den 
Kurfürsten bedienten. Dieser aber gedachte des Rates seines Baters, 
die Untertanen zu schützen und Gerechtigkeit zu üben. Daher ließ 
er die Landbeschädiger hinrichten. Als sein Oheim ihn bat, gegen den 
Adel nicht so streng zu sein, sagte er: „Adliges Blut habe ich nicht 
vergossen, sondern Schelme und Mörder nach Verdienst gestraft." Die 
Ritter aber trachteten ihm nach dem Leben. Ein Herr von Otterstädt 
schrieb sogar an die Tür seines Schlafgemachs.- „Jochimken, Jochimken, 
höde dy, wo wy dy krygen, hängen wy dy!" Indes Joachim ließ 
in seiner Strenge nicht nach. 
3) Rechtspflege. Ein Hauptgrund des Faustrechts war die 
Mangelhaftigkeit der Rechtspflege. Es fehlte an einem Gericht, dem 
die Städte ebenso wie der Adel sich fügen mußten. Als solches richtete 
Joachim im Jahre 1516 das Kammergericht ein. Es bestand aus 
12 Richtern, die sich viermal im Jahre versammelten, einmal in Tanger- 
münde, dreimal in Köln an der Spree. 
4) Die Städte. Die Städte fand Joachim nicht mehr in ihrer 
Blüte vor. Er half ihnen durch eine Verordnung wieder auf, die 
sich auf die Leitung der Städte und auf die Besteuerung der Bürger 
bezog, zur Sparsamkeit mahnte und gleiche Maße und Gewichte einführte. 
5) Tie Kirchentrennung. In die Zeit Joachims I. fiel auch der 
Beginn der Kirchentrennung. In dem südlichen Nachbarlande der 
Mark, im Kurfürstentum Sachsen, begann sie. Am 31. Oktober schlug 
der Augustinermönch und Universitätslehrer Dr. Martin Luther zu
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.