großer Strenge darüber, daß die Richter keinen Unterschied
zwischen Bornehmen und Geringen machten. Ja, er stellte sich
selbst unter die Gesetze) und darum konnte ihm ein Müller, dessen
Mühle er niederreißen wollte, weil sie ihn durch das Geklapper störte,
mit den Worten drohen: „Ja, wenn kein Kammergericht in Berlin
wäre!" Weil die Richter damals meist nach lateinischen Gesetzen
urteilten, die niemand verstand, ließ der König ein deutsches Gesetz-
buch ausarbeiten. Seine Vollendung hat er aber nicht mehr erlebt.
Wegen dieser unermüdlichen Tätigkeit für das Volk war Friedrich
der Große sehr beliebt; man nannte ihn nur den „alten Fritz."
Wenn er von der Parade heimkam, zogen alle Leute ehrfurchtsvoll
den Hut. Die Knaben aber umringten ihn jubelnd,- der eine wischte
ihm den Staub von den Stiefeln, ein anderer putzte ihm die Hosen,
ein dritter wollte ihm den Krückstock tragen. Wenn sie gar zu aus-
gelassen waren, drohte er ihnen. Als er einmal an einem Mittwoch
nachmittags zu ihnen sagte: „Wollt' ihr gleich zur Schule gehen,"
riefen sie: „Der alte Fritz will König sein und weiß nicht einmal,
daß heute keine Schule ist." Das nahm aber der König nicht übel.
5) Erwerbung von Westpreußen, 1772. Zur Zeit Friedrichs des
Großen war das im Osten gelegene Königreich Polen seinem Verfalle
nahe. Der Adel hatte die erbliche Königswürde abgeschafft und ein
Wahlkönigtum eingeführt. Bei jeder Königswahl gab es Streit und Zank.
Die Bürger waren verarmt, denn Handwerk und Handel hatten sie ver-
lernt. Die Bauern lebten wie das Vieh, waren roh und unwissend,
wurden von den Adligen geprügelt und nach Belieben eingesperrt. Bei
keinem Richter konnten sie Recht suchen. Schon hatte Rußland Lust, das
ganze Land zu erobern. Um diese Gefahr abzuwenden, einigte sich
Friedrich mit den Kaiserinnen von Österreich und Rußlaud über eine
Teilung Polens. Preußen erhielt Westpreußen. Diese Provinz war
schon einmal deutsch und in hoher Blüte gewesen, als sie dem deutschen
Ritterorden gehörte. Unter der polnischen Herrschaft war sie ganz her-
untergekommen. Friedrich wurde ein Wohltäler für die Provinz. Er
setzte Richter ein, gründete Schulen, schickte Handwerker ins Land, legte
neue Dörfer an und regte die Leute zur Arbeitsamkeit und Sparsamkeit
an. Um den Getreide- und Holzhandel mit Polen zu befördern, baute
er den Bromberger Kanal. In der Zeit von 11 Jahren hatte er sieben
Millionen Taler für die Provinz ausgegeben.
116% Millionen Mark wurden an Löhnen an sie gezahlt. Auch das äußere
Aussehen des Bezirks ist ein anderes geworden. Statt der armseligen Lehm¬
hütten sind in den ra'ch aufblühenden Ortschaften große, massive Häuser ent-
standen, in denen der oberschlesische Arbeiter eine freundliche, gesunde Wohnung
findet. Er ist nicht mehr auf deu kümmerlichen Ertrag des meist wenig er-
giebigen Bodens angewiesen, sondern findet überall einen Arbeitsverdienst, der
es ihm erlaubt, sich angemessen zu nähren uud zu kleiden. Zahlreiche Schienen-
wege sind gebaut, damit die Lebensmittel herangeschafft und verbilligt werden.
Die von der preußischen Regierung eingerichteten Schulen geben ihm eine
Bildung, die ihm die Möglichkeit gewährt, auch anderwärts im Deutschen Reiche
Arbeit und Stellung zu suchen und mit seinen übrigen deutschen Brüdern in
Wettbewerb zu treten.