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An seinen triefenden Kleidern floß
Das Wasser des Rheines nieder,
Er kauerte ftumm, er schluchzte leis.
Ihm zitterten Augen und Glieder.
Am Ufer stand das jammernde Volk:
„Nun, Heinrich, Gott befohlen!
Es haben die schändlichen Pfaffen uns
Den deutschen Kaiser gestohlen!" Hans Hopfen.
12. Kaiser Heinrich.
Die Rheinesadler mit lastendem Flug,
Sie zogen den schwebenden Kreis,
Als Heinrich kam auf Schloß Hammerstein,
Kaiser Heinrich, ein flüchtender Greis.
Der Abendsonne verscheidende Glut
Lag zitternd auf Tälern und Höhn;
Kaiser Heinrich sah in den strömenden Rhein.
„O Deutschland, wie bist du so schön!
Ihr Berge mit rebendurchglühter Brust,
Du herdenbewandelte Trift,
Ihr steht mir geschrieben tief in das Herz
Wie eine heilige Schrift.
Wie ein rauschendes Buch voll Märe und Lehr',
Deutschland, so liegst du vor mir;
Deine Kaiser machten zum Griffel das Schwert
Und schrieben den Inhalt dir.
Und wenn er zu Ende sein Tagewerk schrieb.
Tat jeder den Griffel zur Ruh,
Er gab das Buch in des Nächsten Hand,
Sprach: ,Lies und schreibe nun du/
Doch als mir der Vater das Buch übergab,
War kindisch und schwach meine Hand,
Es nahmen's die andern und lasen mir draus,
Was nicht in dem Buche stand.
Und als in dem Buch ich zu schreiben begehrt.
Da kamen die Tage des Fluchs!
Es hob sich von Mittag und Abend der Sturm
Und griff in die Seiten des Buchs.