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bedingnng fein. Die Grundherrlichkeit dagegen sowie die grurtö- 
herrliche Gerichtsbarkeit i) und die Polizei blieben erhalten bis 1848; 
es kam hierin nur zu zeitgemäßen Beschränkungen. Auch das Privileg 
der Siegelmäßigkeit blieb bis 1862. Das gesellschaftliche Ansehen 
des Gesamtadels wurde gewahrt und noch mehr gesichert durch Ein¬ 
führung einer staatlichen Adelsmatrikel, durch eine strenge Rang¬ 
ordnung nach fünf Klassen: Fürsten, Grafen, Freiherren, Ritter und 
einfache Adelige. 
2. Verbesserungen für die bäuerliche Bevölkerung. 
a) Die bäuerlichen Besitzverhältnisse bis zum 
19. Jahrhundert. 
Das Streben der Stänöe alles grunduntertänig zu machen hatte 
sich vom 15. bis 17. Jahrhundert soweit entwickelt, daß gegen Ende 
des 18. Jahrhunderts noch immer nur ein verschwindend kleiner Bruch¬ 
teil der bäuerlichen Bevölkerung (etwa 6o/0 der Höfe und 4o/0 der 
Familienzahl) Eigentümer des von ihr bewirtschafteten Grundes und 
Bodens war. Also mehr als 9/i0 unterstanden einem Grundherrn 
(der Kirche, dem Adel, dem Landesherrn, Stadt- und Marktgemein¬ 
den), der die Grundstücke dem Bebauer nur zur Bewirtschaftung und 
Nutznießung gegen Entrichtung gewisser Reichnisse überließ. Man 
sprach in diesem Sinne von einem geteilten Eigentume und nannte 
den Verleiher oder Grundherrn Obereigentümer, den Empfänger da¬ 
gegen Grundholden oder Nutzeigentümer. Hiebei unterschied man 
nach der Beschaffenheit und Dauer der Verleihung (Grundgerechtig¬ 
keit) vier Hauptformen. Beim „Erbrecht" ging das verliehene Gut auch 
auf die Nachkommen des Grundholden über. Bei „Leibrecht" (Leib- 
geding) war die Verleihung nur auf Lebenszeit des beliehenen Bauern 
beschränkt. Umgekehrt erstreckte sich bei „Neustift" die Verleihung nur 
auf Lebenszeit des Grundherrn, während bei „Freistift" (Herrengunst) 
die Zeitdauer von der Willkür des Herrn abhing. In den sechziger 
und siebziger Jahren des 18. Jahrhunderts wurden zwar zahlreiche 
Freistifte in Erbrecht verwandelt; aber auch jetzt noch war gewiß 
die Hälfte der grundherrlichen Güter auf Leibrecht oder Neu- und 
Freistift ausgeliehen. Gegenüber den Gütern, die im Verhältnis 
des Erbrechts standen, übte der Grundherr das „Heimfallsrecht", 
*) Um 1791 standen von 129000 bäuerlichen Familien 64100 unter 
kurfürstlicher und 64 700 unter hofmärkischer, bzw. ständischer Gerichtsbarkeit. 
*) Nach einer um 1800 veröffentlichten Statistik, die die Gesamtzahl 
der bäuerlichen Familien auf rund 116 000 und jene der Höfe mit ca. 30 000 
anführt, werden als freieigene Güter ohne Grundherrlichkeit nur 7000 Familien 
mit 1162 Höfen angegeben, an kurfürstlichen Untertanen aber 13500 Familien 
mit 4000 Höfen. Die große Masse stand also unter der Grundherrlichkeit des 
Adels und der Kirche, ein verschwindend kleiner Teil unter den Städten und 
Märkten.
	        
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