Contents: Preußisch-deutsche Geschichte vom Jahrhundert Friedrichs des Großen bis zur Gegenwart (Teil 3)

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Teile der Nordarmee unter Bülow heran und stießen auf ihre alten 
Feinde, die Sachsen. Diese, des französischen Kriegsdienstes gegen ihre 
deutschen Brüder überdrüssig, verließen plötzlich mitten im Kampfgewühl die 
französischen Fahnen und traten zu den Verbündeten über, noch 3500 Mann 
stark. Dasselbe tat eine Abteilung Württemberger von 600 Mann. Von 
Norden her drang Blücher siegreich vor. Um einen weiten Umweg, den ihm 
der Kronprinz von Schweden vorgeschrieben hatte, zu vermeiden und rechtzeitig 
auf dem Schlachtfelde eintreffen zu können, ließ er seine Soldaten die Parthe 
durchwaten, obgleich sein Fußvolk bis an die Hüften ins Wasser sank, und 
griff die Franzosen tapfer an. Hier in den brennenden Dörfern nördlich von 
Leipzig wütete der fürchterlichste Kampf bis zum Abend, doch wurden die Fran¬ 
zosen zurückgedrängt, und die Verbündeten drangen im Osten und Norden der 
Stadt siegreich bis in die Gärten Leipzigs vor. Damit war der vollständige 
Sieg der Verbündeten und die Niederlage Napoleons entschieden. Als der 
Abend ans das Schlachtfeld herabsank, auf dem viele tausend Tote und Ver¬ 
wundete lagen, furchtbare Opfer des Ehrgeizes eines Einzigen, da war dieser 
Gewaltige von seiner Höhe gestürzt. Die drei verbündeten Monarchen aber, die 
auf einem Hügel dem Gange der Schlacht gefolgt waren, sanken, so wird erzählt, 
bei der Siegeskunde, die Schwarzenberg überbrachte, auf ihrem Hügel auf die 
Kniee, dem Herrn zu danken, der endlich den Tag der Befreiung verliehen. 
Durch diese Niederlage ward Napoleons Stellung in Leipzig unhaltbar; 
noch am Abend befahl er den Rückzug des gesamten Heeres; in dichten 
Massen wälzten sich die Truppen der geschlagenen Armee durch drei Tore 
zugleich in die Stadt hinein. Als die Nacht hereinbrach, hielt Napoleon noch 
immer auf dem Hügel bei Probstheida neben der zerschossenen Windmühle 
und diktierte beim Scheine des Wachtfeuers die Befehle zum Rückzüge. Man 
hatte ihm einen hölzernen Schemel gebracht, auf dem er sich niederließ. Bald 
sank er, von den Anstrengungen und der furchtbaren Aufregung der letzten 
Tage erschöpft, in einen unruhigen Schlummer; seine Hände ruhten nachlässig 
gefaltet im Schoß; er glich in diesem Augenblicke jedem andern unter der Bürde 
des Mißgeschicks erliegenden Menschenkinde. Seine Generale standen, verdüstert 
und verstummt, um das Feuer, und die zurückziehenden Truppen rauschten in 
einiger Entfernung vorüber. Schon nach einer Viertelstunde fuhr der Kaiser 
aus seinem Schlummer auf und warf einen großen, verwunderten Blick um 
sich her. Jetzt mochte er ahnen, daß sein Glück zertrümmert, seine Krone ge¬ 
fährdet sei. Doch faßte er sich schnell und erteilte mit gewohnter Kälte seine 
weiteren Befehle. Es war später Abend, als er nach Leipzig zurückkehrte, wo 
er die Nacht über blieb, während seine Truppen in endlosen Kolonnen die 
Stadt durchzogen und im Westen, über die Elster hinüber, ihren Rückzug 
in der mondhellen Nacht fortsetzten.
	        
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