Full text: Vom Westfälischen Frieden bis zur Gegenwart (Teil 9)

§ 50. Der Kampf um bie Vorherrschaft in Deutschland 1863—1866. 265 
Helm, der Führer der schlesischen Armee, wurde als der Sieger von 
Königgrätz gefeiert. 
Noch gab Kaiser Franz Joseph seine Stellung in Deutschland Der italienische 
nicht verloren, sondern verzichtete lieber auf die italienischen Besitzungen, 9cIb$U8'' 
obgleich die österreichischen Waffen auf dem südlichen Kriegsschauplatze 
unter der Führung des Erzherzogs Albrecht einen glänzenden Sieg 
bei Custozza errungen hatten. Er trat Venetien an den Kaiser Custozza n. vi. 
Napoleon ab, übertrug dem Erzherzoge Albrecht den Oberbefehl über 1866' 
die Gesamtarmee und befahl ihm, mit 60000 Mann zum Schutze Wiens 
heranzurücken, während Benedek von Olmütz, wo er etwa 100000 Mann 
wieder gesammelt hatte, gleichfalls nach Wien beordert wurde. Unter 
diesen Umständen rückten auch die preußischen Armeen in Eilmärschen 
(„mit affenartiger Geschwindigkeit") gegen die feindliche Hauptstadt an; 
aber ehe es zu dem erwarteten Entscheidungskampfe an der Donau kam, 
wurden infolge des Vermittlungsanerbietens des französischen Botschafters Die französische 
in Berlin, Benedetti, in Nikolsburg (a. d. Thaya) die Friedens- Vermittlung. 
Verhandlungen eingeleitet1), die im Frieden von Prag (23. VIII.) 
ihren Abschluß fanden (bie Bedingungen s. u). 
Nach der Entwaffnung der Hannoveraner hatte Vogel v. Falcken-Der mitteldeutsche 
stein sich zwischen die beiden feindlichen Bundesarmeekorps, von denen Feldzug. 
sich das bayerische bei Bamberg, das südwestdeutsche bei Frankfurt ct. M. 
sammelte, zu schieben gewußt und die ihm um das Doppelte überlegenen 
Gegner einzeln angegriffen. Die Bayern wurden bei Kissingen, die 
Hessen bei Aschaffenburg geschlagen, uud Frankfurt wurde von 
den Preußen besetzt. Zwar gelang es den geschlagenen Bundestruppen, 
sich zwischen Main und Tauber zu vereinigen, aber sie wurden durch 
Mauteuffel, an den Vogel v. Falckenstein den Oberbefehl hatte ab- 
treten müssen, nach mehreren siegreichen Gefechten bei Würz bürg ein- 
geschlossen. Da trat infolge des Nikolsbnrger Waffenstillstandes auf 
Bitten der süddeutschen Fürsten auch auf diesem Kriegsschauplatze Waffen- 
ruhe ein. 
1) Frankreichs Einmischung konnte, so sehr sie auch König Wilhelm empörte, 
nicht ubersehen werden, wenn Preußen sich nicht sofort in einen neuen Krieg stürzen 
wollte. Bismarck, ber in diesen Tagen eine seiner schwierigsten Lebensaufgaben 
löste, erstrebte beshalb einen möglichst schnellen birekten Abschluß mit Österreich, 
damit er Napoleons Ansprüche, die bald ans das linke Rheinufer, bald auf 
Belgien und Luxemburg abzielten, nicht zu erfüllen brauchte. Um Napoleon 
jeden Grund zu weiteren Schritten zu nehmen, wollte Bismarck Österreich nicht allzu¬ 
sehr bemütigen; damit geriet er aber in einen schweren Konflikt mit seinem König, 
der zwar nur mit Wiberwillen in ben Krieg gezogen war, jetzt aber benen, bie ihn 
dazu gezwungen hatten (vor allem auch Sachsen), eine harte Strafe (Gebiets¬ 
abtretung) und feinen siegreichen Truppen den Einzug in die feindliche Hauptstadt 
zudachte. Erst als auch der Kronprinz für Bismarcks gemäßigte Forderungen ein¬ 
trat, gab König Wilhelm, wenn auch ungern, nach.
	        
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