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nahe waren, stürzte sich in die dichtesten Haufen seiner Feinde und fies,
bis zum letzten Athemzuge kämpfend. Cicero bekam zum Dank den
Namen „Vater des Vaterlandes" und verdiente diesen Namen auch, nicht
allein, weil er den Staat gerettet hatte, sondern auch, weil er sich durch
große Vaterlandsliebe und strenge Rechtlichkeit vor vielen seiner Zeit¬
genossen auszeichnete.
Pompejns hatte in Asien manche Einrichtungen getroffen, ohne den
Senat zu fragen, und sich dadurch viele Feinde zugezogen. Vielleicht
wäre er sogar wegen seiner eigenmächtigen Handlungen zur Rechenschaft
gezogen worden, wenn er nicht Freundschaft geschlossen hätte mit Julius
Cäsar, einem Mann, der schon damals fast allgemein beliebt war.
Julius Cäsar war im Jahre 100 v. Chr. geboren und stammte aus
einer alten vornehmen Familie. Schon als Knabe zeigte er einen scharfen
Verstand, ein ausgezeichnetes Gedächtniß und ein freundliches Gemüth,
und seine treffliche Mutter Aurelia versäumte nichts, um diese Anlagen
auf das beste auszubilden. Zugleich sorgte sie aber auch dafür, daß ei¬
sernen Körper, der von Natur nicht stark war, durch tägliche Uebungen
im Laufen, Schwimmen und Reiten und besonders durch Mäßigkeit im
Essen und Trinken stärkte. Eins konnte sie bei ihm aber nicht ändern:
seinen glühenden Ehrgeiz, der ihn nie ruhen ließ, bis er in körperlichen
und geistigen Uebungen der erste war. Daß sein Ehrgeiz später nicht
geringer geworden war, davon zeugt folgendes: Als er einst durch ein
erbärmliches Städtchen in den Alpen kam, fragten seine Begleiter: „Was
glaubst du, sollten die Bewohner sich auch wohl darüber streiten, wer der
vornehmste ist?" Cäsar erwiederte: „Das thun sie gewiß, und ich möchte
lieber in diesem Städtchen der erste als in Rom der zweite sein!" In
einem Tempel zu Cadiz sah er einst die Bildsäule Alexanders des Großen
und rief thränenden Auges aus: „In meinem Alter hatte er schon die
Welt erobert, und ich habe noch nichts gethan!"
Als Sulla Dictator von Rom geworden war, stellte er dem Cäsar
auch nach dem Leben, weil dieser ein Verwandter des Marius war und
zudem seine Gattin Cornelia, deren Vater der marianischen Partei
angehört hatte, nicht verstoßen wollte. Als seine Verwandten für ihn
bei Sulla baten, äußerte dieser: „Das geht nicht an; denn in dem jungen
Cäsar steckt mehr als ein Marius." Zuletzt begnadigte er Cäsar zwar,
aber dieser hielt es doch für gut, Rom und Italien zu verlassen und
nach Kleinasien zu gehen. Erst nach Sullas Tode kehrte er nach Rom
zurück, begab sich aber schon nach einem Jahre nach Rhodns, um sich
in der Redekunst zu vervollkommnen. Das Schiff, auf dem er sich befand,
fiel aber Seeräubern in die Hände, und diese forderten ein Lösegeld von
20 Talenten (30000 Thlr.) „Was?" rief Cäsar lustig, „ihr scheint
nicht zu wissen, was für einen kostbaren Vogel ihr gefangen habt, sonst
würdet ihr nicht mit einer so geringen Summe zufrieden fein! Fünfzig
Talente wären nicht zuviel gewesen, und die sollt ihr auch haben!" Er