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Anhang: Luthers Kharakteröitd. 
(Zusammenfassung der bisher gewonnenen Ergebnisse.) 
Nun Luther gestorben und begraben ist, wolleu auch wir «och einmal zurück¬ 
blicken auf sein Leben und all die herrlichen Eigenschaften uns vergegenwärtigen, die 
wir an ihm gefunden. 
Schon in seiner Jugend, in der Zeit des Lernens, zeigt er, daß er einst cm 
rechter Mann werden würde. Er ist feinen Eltern gehorsam in allen Dingen, folgt 
aber dennoch ber Stimme Gottes in feiner Brust, die ihn in das Kloster treibt. In 
der Schule unb auf der Universität zeigt er trotz bitterer Armut eisernen Fleiß, 
Lernbegierde, Klugheit und ist dadurch feinen Mitschülern weit voraus. Aber 
über aller menschlichen Klugheit vergißt er doch feines Gottes nicht und zeigt ein Herz 
vollnngehenchelterFrömmigkeit, Wahrheitsliebe und Liebe zu denElenben 
und Verlassenen bes Volkes. Die harte Zucht im Elternhanse hat ihm Pflicht¬ 
gefühl unb Gewissen geschärft, unb so erfüllt er mit peinlicher Gewissenhaftigkeit 
sein Klostergelübbe, kämpft mit Beharrlichkeit unb Ausbauer um feinen Seelen¬ 
leben, ivenbet sich voll heiligen Zornes von ben Greueln unb Lastern des „heiligen 
Roms" unb bleibt trotz aller Gelehrsamkeit bei seiner Doktorprüfung bemütig und 
bescheiden, um bann desto gewissenhafter seinem Eide aus die Bibel zu leben. 
So tritt er als ein rechter Mann ein in bie Zeit des Kämpfens. Anfangs zwar 
noch zaghaft uud zum Nachgeben bereit, erstarkt er durch die Hartnäckigkeit und 
ben Trotz feiner Feinde mehr und mehr, kämpft furchtlos und unerschrocken für 
die einmal erkannte Wahrheit, ist, gestützt auf felsenfestes Gottvertrauen, sich 
selbst und seinem Gott getreu bis in den Tod, neigt sich in barmherziger Bruder- 
liebe zu ben geistig Verlassenen, ist unerschütterlich unb unerbittlich den päpst¬ 
lichen Gesandten gegenüber, überzengungstren und todesmutig vor Kaiser und 
Reich, gednlbig unb gelassen in feiner Zufluchtsstätte auf ber Wartburg, aber auch 
voll heiligen Glaubenseifers gegen bie Bilberstürmer und unbarmherziger 
Strenge gegen das zur Zeit des Bauernkrieges in Waffen stehende Volk. 
In der Zeit des Bauens ist er unablässig bemüht für fein Werk. Wie er in 
feiner eigenen Familie voll inniger Liebe, Herzlichkeit und Zärtlichkeit waltet, 
so sorgt er gewissenhaft bis zum Tode auch für die große Familie, die er durch feine 
Wirksamkeit geschaffen, für bie evangelische Kirche. Er bringt bie heilige Schrift 
wieder zu Ehren, bricht auf Grunb berselben bie Gewaltherrschaft der katho¬ 
lischen Kirche mit ihren furchtbaren Strafen, Mißbrauchen und Irrlehren, ordnet 
den Gottesdienst in deutscher Sprache, sorgt für gute Schulen, giebt dem 
Volke Bibel, Gesangbuch und Katechismus in die Hand und führt es dadurch 
aus der Nacht des Unglaubens und der Wüste des Aberglaubens zum hellen Lichte 
evangelischer Wahrheit. So ist er nicht nur der Gründer einer neuen Kirche, 
foitdern auch der größte Deutsche geworden, „ein starker Geist, ein wahrer Prophet 
und Prediger unseres Vaterlandes" (Herder), und unermeßlich fast ist der Segen, der 
von feinem Hanse und Geiste ausgegangen ist. 
Anmerkung für den Lehrer: Luthers Verdienst saßt der katholische Dölliuger 
in die Worte zusammen: „Er ist der gewaltigste Volksmann, der populärste Charakter, 
den Deutschland je besessen. — Sinn und Geist der Deutschen war in seiner Hand wie 
die Leier in der Hand eines Künstlers. Hatte er seinem Volke doch auch mehr ge¬ 
geben, als jemals in christlicher Zeit ein Mann seinem Volke gegeben hat: Sprache, 
Volkslehrbuch, Bibel, Kirchenlied — und alles, was die Gegner ihm zu erwidern 
oder an die Seite zu stellen hatten, das nahm sich matt und kraft- und farblos ans 
neben seiner hinreißenden Beredsamkeit. Sie stammelten, er redete; nur er war es, 
der wie ber beutfchen Sprache, fo dem deutschen Geiste das unvergängliche Siegel feines 
Geistes aufgedrückt hat, und selbst diejenigen unter den Deutschen, die ihn von Grund 
der Seele verabscheuen als den gewaltigen Jrrlehrer und Verführer der deutschen Nation, 
können nicht anders: sie müssen reden mit seinen Worten, müssen denken mit seinen Gedanken."
	        
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