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sahen mit Schmerz, was sie verloren hatten, und besaßen zuviel Macht, als 
daß sie sich nicht hätten versucht fühlen sollen, das Verlorene wieder zu erringen 
und den Protestantismus ganz zu unterdrücken. Die Protestanten aber fühlten 
sich durch den „geistlichen Vorbehalt" des Augsburger Religionsfriedens in 
der freien Ausübung ihrer Religion noch immer beschränkt. So kam es, daß 
im Jahre 1608 beide Religionsparteien in Deutschland eine bedrohliche und feind¬ 
selige Haltung einnahmen. Zwei junge katholische Fürsten, Herzog Ferdinand 
von Steiermark, ein Vetter des Kaisers, und Herzog Maximilian von 
Bayern, brannten vor Begierde, der alten Kirche wieder zum Siege zu ver¬ 
helfen und die lutherische Ketzerei niederzuwerfen. Ferdinand, in seinem damals 
ganz protestantischen Herzogtum schon im Alter von 17 Jahren (1595) zur 
Regierung gelangt, hielt seine Kirche für die allein feligmachende. Er war 
ein so kirchlich frommer Mann, daß er einmal eins seiner edelsten Pferde zu 
Tode hetzte, um nicht zu spät zur Messe zu kommen. Er lebte der Überzeugung, 
daß es für eilten katholischen Fürsten weder einen herrlicheren Ruhm noch 
einen größeren Vorteil geben könne, als die rücksichtsloseste Vernichtung der 
Ketzer. Er äußerte z. B., lieber wolle er Land und Leute verlieren, lieber, 
den Bettelstab in der einen, Weib und Kind an der andern Hand, ins Elend 
wandern, sein Brot von Thür zu Thür betteln, ja lieber den schmählichsten 
Tod leiden, als die Schmach länger ansehen, die der katholischen Kirche durch 
die Protestanten zugefügt werde. Er fühlte sich als Landesherr verpflichtet, 
seine Unterthanen durch alle Mittel, selbst durch Gewalt, zur katholischen Kirche 
zurückzuführen. So zog er denn mit bewaffneten Scharen umher, schloß die 
Kirchen, verbrannte die lutherischen Bücher und Bibeln und führte überall den 
katholischen Gottesdienst wieder ein. „Besser eine Wüste, als ein Land voll 
Ketzer" war sein Wort. Fünf Jahre lang währte der Vernichtungskrieg; über 
40 000 Bibeln wurden weggenommen und verbrannt, die evangelischen Kirchen 
niedergerissen, mit Kanonen zusammengeschossen oder mit Pulver gesprengt, 
Pfarrer und Lehrer verjagt oder aufgeknüpft. Wer sich nicht unterwerfen 
wollte, durfte auswandern, wie es der Augsburger Religionsfrieden vorschrieb. 
Die wohlhabendsten Bewohner verließen daher ihre Heimat, und so kam es, 
daß in wenigen Jahren keine evangelische Predigt mehr in seinen Ländern 
gehört wurde. — Vorsichtiger verfuhr Maximilian von Bayern in seinem fast 
ganz katholischen Lande. Allein auch er fand bald Gelegenheit, seinem Haß 
gegen die Protestanten Ausdruck zu geben. In der freien Reichsstadt Donau¬ 
wörth hatte das einzige noch katholisch gebliebene Kloster einen feierlichen 
Umzug — eine Prozession — ausgeführt. Dabei waren die Katholiken von 
der protestantischen Bevölkerung aus der Straße verhöhnt und in ihrer Andacht 
gestört worden. Dafür belegte der Kaiser die Stadt mit der Reichsacht — 
was heißt das'? — und übertrug die Ausführung derselben dem jungen
	        
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