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Hohnlachend sprengte der französische General Melac die prächtigen Türme 
des Heidelberger Schlosses und die Stadtmauern; die halbe Stadt ward in 
Asche gelegt, nachdem die Neckarbrücke gesprengt worden war. Wie Mord¬ 
brenner fielen dann die wilden Scharen über die blühenden Dörfer an der 
Bergstraße, über die reichen Städte am Rhein, über die Ortschaften der süd¬ 
lichen Pfalz her und verwandelten sie in Aschenhaufen. Die armen Bewohner 
wurden, wenn sie ihr Hab und Gut retten wollten, erschlagen. Überall fand 
man die Leichen elender, erfrorener Menschen; denn es war gerade harter 
Winter. Vom Hardtgebirge bis zur Nahe rauchten Städte und Dörfer, Wein¬ 
berge und Fruchtfelder. Die Bürger von Mannheim mußten erst mit an 
der Abtragung ihrer Festungswerke arbeiten, dann äscherte man ihre Stadt ein 
und trieb sie hungernd und nackt in die Winterkälte hinaus. Ein ähnliches 
Schicksal traf die Bewohner vieler anderer Städte. Die alte, ehemals herrliche 
Kaiserstadt Worms wurde mit Ausnahme der Domkirche in eine öde Brand¬ 
stätte verwandelt. In Speier verjagten französische Soldaten die Bürgerschaft, 
zündeten die ausgeplünderte Stadt und den altehrwürdigen, herrlichen Dom an 
und streuten hohnlachend die Asche so vieler großer Kaiser (z. B. Heinrich IV.), 
die hier begraben lagen, in die Winde. Dann kamen die Gegenden von Trier 
und Köln an die Reihe, wo man die Bauern sogar zwang, ihr eigenes Ge¬ 
treide unterzupflügen, um dadurch eine Hungersnot zu erzeugen. „Der König 
will's", war die einzige Antwort der Anführer, wenn die Unglücklichen mit 
herzzerreißenden Klagen um Schonung flehten. Ihr Verzeichnis enthielt nicht 
weniger als 1200 Städte und Dörfer, die alle in Aschenhaufen verwandelt 
werden sollten. Bis tief nach Schwaben und Franken hinein brandschatzte der 
Reichsfeind das deutsche Land. 
Nach so viel schändlichen Grausamkeiten begann man sich endlich im 
deutschen Reich und bei den Verbündeten zu regen. Aber trotz der überlegenen 
Anzahl der Feinde behielten die von den ausgezeichnetsten Feldherrn geführten 
Franzosen die Oberhand. Überall siegten sie, nur ihre Flotte wurde von der 
englisch-holländischen fast völlig vernichtet. Trotzdem gelangte Ludwig XIV. 
nach zehnjährigem Kampfe nicht ans Ziel. Frankreich konnte die ungeheuren 
Kriegskosten nicht länger bestreiten, die Staatskassen waren leer, Handel und 
Gewerbe lagen darnieder, das Land seufzte schwer unter der großen Steuer¬ 
last — da bot Ludwig im zehnten Kriegsjahre die Hand zum Frieden. Zu 
Ryswick (sprich: Reisweik), einem großen, mit Gärten und Laubgängen um¬ 
gebenen Schloß zwischen Haag und Delft in Holland, wurde er 1697 geschlossen. 
Deutschland, von seinen Verbündeten verlassen, mußte die Bedingungen an¬ 
nehmen, die ihm die fremden Mächte stellten. Es mußte nicht nur Straßburg 
in den Händen Frankreichs lassen, sondern auch alle die kleineren Städte und 
Ortschaften im Elsaß, die Ludwig mitten im Frieden widerrechtlich an sich
	        
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