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Elf neue Provinzen wurden unter Augustus eingerichtet; die wich-
tigsten von ihnen sind: 1. Aquitania. Lugdunensis und Belgica, 27,
4. u. 5. Germania superior und inferior, beide auf dem linken Rhein-
ufer, 27, 6. Rätia (öftl. Schweiz), 15, 7. Noricum (Österreich. Steier-
mark, Salzburg. Kärnten. Kram), 15, 8. Pannonia (Ungarn fübl. d.
Donau), 8. n. Chr.
Augustus starb im Jahre 14 zu Nola. Sein Nachfolger war fein Stief-
söhn Tiberius Claudius Nero, der Sohn feiner dritten Gemahlin Livia.
Kultur.
§ 99. Sittliche Zustänbe. In ber Augusteischen unb ber zunächst
vorhergehenben unb folgenden Zeit ging bie alte Einfachheit unb Natur-
lichkeit bes römischen Lebens ganz verloren. Aus ben unterworfenen Sänbern
bes Ostens waren nicht bloß unermeßliche Reichtümer, fonbern auch alle
Genüsse einer übermäßig verfeinerten Kultur nach Rom eingeführt. Der
Luxus in ben Wohnungen ber Reichen, in ben Prachtbauten unb Lanbhämern.
in ben öffentlichen Bäbern. in ber Kleibung ber Frauen, in ben Gastmählern
unb Gelagen steigerte bie Genußsucht zu einer unnatürlichen Höhe. Bei bem
Einbringen griechischer Sitte in bas öffentliche Leben blieben boch manche
Spuren früherer Roheit, wie bie harte Behanblung ber Sklaven unb bie
grausamen Glabiatorempiele. bestehen. Die alte Volksreligion fanb bei ben
Gebilbeten keinen Glauben mehr. Die stärkeren Geister wanbten sich bem
willenskräftigen Stoizismus zu. währenb bie schwächeren Naturen in bem
Epikureismus bie gefährliche Einigung zwischen Vernunft unb Sinnlichkeit
suchten. Aber Weber ber abstrakte Tugenbbegriff ber Stoiker noch auch bie
Epikureische Lehre, welche jebe Vermittlung zwischen ber Gottheit unb Mensch¬
heit ausschloß, konnten ihren Anhängern eine bauembe Beruhigung gewähren.
Vergebens bemühte sich Augustus burch bie Wieberherstellung von Tempeln
unb Götterbilbern bie alte Religion zu stützen, vergebens erließ er Ver-
orbnungen gegen bie zunehmenbe Ehelosigkeit unb Unfittlichfeit (lex Julia
b. I. 18). Kein Kaiser, kein Philosoph vermochte bie alternbe Welt bes
Heidentums sittlich zu verjüngen.
Die Literatur. 1. Die Poesie, a) Epische unb beschreibenbe
Dichtung. Auf ber Grenze zwischen ber älteren lateinischen Literatur unb
dem Augusteischen ober golbenen Zeitalter steht bas Lehrgebicht bes
T. Lucretius Carus (95-51) de rerum natura libr. VI. Der Dichter
stellt barin bie Weltschöpfungstheorie unb bie Ethik nach bem System bes
Epikur bar unb behanbelt bie gemütlose Lehre von ber Atomistik unb ber
Entstehung aller Dinge aus ber bloßen Notwenbigkeit mit einer Begeisterung
unb Würbe, welche gegen bie Trockenheit bes Stoffs fonberbar absticht.
Der größte Epiker bes golbenen Zeitalters war P. Vergilius Maro aus
Anbes bei Mantua (70—19 v. Chr.). Er würbe in Cremona. Mantua unb
Neapel erzogen, ging nach Rom, lebte bann als San mann zu Anbes unb