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König Wilhelms Tapferkeit. In der Schlacht bei Königgrätz führte König
Wilhelm seine Soldaten selbst in den blutigen Kamps. Er achtete nicht darauf, daß
die Kanonenkugeln dicht neben ihm einschlugen. Plötzlich sauste eine Granate heran
und tötete mehrere Soldaten in der Nähe des Königs. Dieser merkte gar nicht, wie
sehr fein Leben bedroht mar. Da ritt der Graf Bismarck heran und sprach: „Ich bitte
Eure Majestät, Ihr Lebeu nicht in Gefahr zn bringen." Der König aber sagte ruhig:
„Wie kann ich davonreiten, wenn meine Armee im Feuer steht? Bei diesen Braven
ist meiu Platz. Ich weif;, wohin ein König von Preußen gehört."
Genügsamkeit Wilhelms I. Im Kriege teilte König Wilhelm mit feinen Soldaten
alle Anstrengungen nnd Entbehrungen. In der Schlacht bei Königgrätz war er den
ganzen Tag auf dem Schlachtfelde. Um 1 Uhr hatte er noch nichts gegessen und war
deshalb sehr hungrig. Er fragte seine Umgebung, ob ihm niemand etwas Brot geben
könne. Aber feine Diener hatten nur etwas Wein. Da sah der König, daß ein Sol¬
dat ein Stück grobes Brot aus dem Tornister zog. Er ließ denselben fragen, ob er
ihm ein Stückchen ablassen wolle. Mit Freuden reichte ihm der Soldat das ganze Stück.
Der König ließ sich das trockene Brot gut schmecken. Er trank dazu einen Schluck Wein,
welchen ihm ein Diener reichte. Das war das ganze Mittagsmahl des Königs.
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Vor Wien. Die Preußen drangen unaufhaltsam weiter vor und
waren nur noch drei Meilen von Wien entfernt, als der Kaiser von
Österreich um Frieden bat.
Die Mainarmee. Zn gleicher Zeit kämpfte ein preußisches Heer,
die sogenannte „Mainarmee", unter dein General Vogel von Fal¬
kenstein gegen die mit Österreich verbündeten süddeutschen Truppen.
Auch hier siegten die Preußen bei Kissingen, Aschaffenburg und in
mehreren anderen Schlachten.
Friede zu Prag. Es wurde nun der Friede zu Prag geschlossen.
Preußen erhielt drei neue Provinzen: Schleswig-Holstein, Hannover und
Hessen-Nassau. Die Staateu nördlich vom Main bildeten den Nord¬
deutschen Bund unter der Leitung Preußens. Mit den süddeutschen
Staaten wurde ein Bündnis abgeschlossen, nach welchem sie ihre Kriegs¬
macht unter den Oberbesehl des Königs von Preußen stellten.
26. Der Deutsch-FranMsche Krieg (1870—1871).
Veranlassung. Preußens Ruhm und Macht erfüllte die Frauzofen
mit Neid und Mißgunst. Sie suchten nach einem Vorwande zum Kriege,
um Preußen zu demütigen. Derselbe war bald gefunden. Die Spanier
hatten im Jahre 1870 ihre Königin vertrieben und boten dem Erb¬
prinzen Leopold von Hohenzollern-Sigmaringen die Krone an.
Die Franzosen wollten aber keinen Hohenzollern auf dem spanischen
Throne dulden. Um Blutvergießen zu verhüten, erklärte Prinz Leopold
freiwillig, er werde die spanische Krone nicht annehmen. Trotzdem forderte
der französische Kaiser Napoleon III. vom Könige Wilhelm das bestimmte
Versprechen, daß er dem Prinzen von Hohenzollern auch für die Zu¬
kunft die Annahme der spanischen Krone untersagen wolle. Als diese
unerhörte Forderung entschieden zurückgewiesen wurde, erklärte Napoleon
an Preußen den Krieg.
Vorbereitungen zum Kampfe. König Wilhelm rief sofort sein Heer zu
den Waffen, und in wenigen Tagen waren die Truppen des Norddeutschen