Full text: Handbuch der brandenburgisch-preußischen Geschichte (Bd. 2)

II 246 
Indessen will ich doch seinen Plan und die darin liegende gute Gesinnung 
annehmen und an ihm selbst zur Ausführung bringen. Ich will ihm jährlich 
1000 Thaler von seinem Gehalte abziehen mit dem Vorbehalte, daß Er sich 
übers Jahr wieder melden und berichten kann, ob dies seinen häuslichen Ein¬ 
richtungen vorteilhaft oder schädlich sei. 
Im ersten Falle will ich Ihn von seinem so großen als unverdienten 
Gehalte von 4000 Thalern auf die Hälfte heruntersetzen, und bei seiner Beruhigung 
seine sparsamen Gesinnungen loben. Auf die andern, die sich dazu melden, wird 
diese Verfügung gleichfalls in Anwendung gebracht werden." 
Um 11 Uhr legte der König seinen bekannten Morgenrock ab, bestrich sich 
die Haare mit Pomade, wusch sich mit einer Serviette Gesicht und Hände und 
zog die Uniform an. Das dauerte nicht fünf Minuten. Nun kam die Stunde, 
in welcher jedermann zum Könige Zutritt hatte. Der vornehmste Beamte wie 
der schlichte Bauer oder Handwerker konnte jetzt den König sprechen und ihm 
vortragen, was er wünschte. Der Offizier, welcher am Thore von Potsdam Wache 
hielt, mußte sogar die Leute fragen, ob sie nur in eigenen Geschäften kämen 
oder den König sprechen wollten. War letzteres der Fall, so wurden sie alsbald 
in eine Liste eingetragen, welche täglich dem Könige vorgelegt wurde. 
Um 12 Uhr wurde gespeist, und gern sah der König Gäste bei sich. Von 
seinen Freunden waren der Lord-Marschall von Keith, der Marquis d'Argens 
und der berühmte Husaren-General Hans von Zieten oft anwesend. 
Der König saß gern bei Tische und sprach sehr lebhaft und viel. Religion, 
Geschichte, Kriegswesen — das alles bot ihm reichen Stoff zur Unterhaltung. 
Dabei war er voll Witz und Anmut und hatte es gern, wenn ihm auch witzige 
und treffende Antworten erteilt wurden. 
Nachdem die Tafel aufgehoben war, verabschiedeten sich die Freunde vom 
Könige. Dieser ging noch eine halbe Stunde im Zimmer umher, indem er die 
Flöte blies und seinen Gedanken nachhing. Dann kamen die Kabinettsräte und 
brachten die Briefe, welche der König am Morgen gelesen hatte, mit den Ant¬ 
worten. Der König unterschrieb aber nicht allein seinen Namen, sondern ver¬ 
besserte oder setzte eigenhändig eine Nachschrift darunter. Wie der König selbst 
überaus thätig war, verlangte er auch von anderen den größten Fleiß, und 
seine höchsten Beamten erhielten oft recht scharfe Rügen. Bekanntlich nennt man 
eine solche Rüge von oben eine „Nase", und deshalb hatten die höchsten Behörden 
einen sogenannten „Nasenschrank", in welchem solche unangenehme Bescheide auf¬ 
gehoben wurden. — Jeder Brief und jede Eingabe, die an den König kam, wurde 
noch denselben Tag beantwortet; nur Todesurteile unterschrieb er ungern und 
verschob sie auf den zweiten Tag. 
War dieser Teil der Geschäfte erledigt, so trank der König Kaffee, dann 
sprach er Künstler, die er zu sich befohlen hatte, oder der Vorleser erschien und 
las vor. Am liebsten hörte und las der König die Werke der großen griechischen 
und römischen Schriftsteller, auch französische Bücher nahm er oft vor. Nicht 
selten aber verwandte der König die Stunden von 4—6 Uhr darauf, selbst zu 
schreiben. Wir besitzen von ihm eine große Anzahl geschichtlicher Werke, z. B.: 
„Die Geschichte meiner Zeit", „Die brandenburgischen Merkwürdigkeiten", ein 
.Lehrgedicht über die Kriegskunst", „Der Fürstenspiegel" und eine große Menge 
von Gedichten und Abhandlungen
	        
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