Full text: Handbuch der brandenburgisch-preußischen Geschichte (Bd. 2)

Politisches. 151 
Brandenburger Staat anwuchs, so vergrößerte sich auch Berlin. Zur Zeit des 
Großen Kurfürsten zählte Berlin 20000 und heute mit seinen Vororten über 
2 Millionen Bewohner. Die ehemaligen Vorstädte: Dorotheenstadt, Friedrichsstadt, 
Luisenstadt, Königsstadt sind innig zu einem Ganzen verschmolzen; selbst die Vor- 
orte Tegel, Dalldorf, Rixdors, Stralau, Rummelsburg, Treptow, Tempelhof, 
Schöneberg, Steglitz, Lichterfelde, Marienfelde sind beinahe herangewachsen. Dieser 
gewaltigen Volksmenge liefern hauptsächlich die Industrie und der Handel den 
Unterhalt. An Industrie und Handelszweigen sind hier vertreten namentlich Eisen- 
waren (Borsig, Maschinen), Porzellan-, Möbelfabriken, Anlagen für elektrische 
Geräte, großartige Geschäfte für Putz und Kleidung, Verkaufsstellen der Produkte 
der Land- und Forstwirtschaft. Wie früher die großen Handelsstraßen von Berlin 
über Stettin, Danzig, Frankfurt, Breslau, Leipzig, Magdeburg, Hamburg führten, 
1o setzen jetzt die Eisenbahnen Berlin mit den wichtigsten Orten des Vaterlandes, 
ja des ganzen Erdteils in Verbindung, so daß es auch ein Knotenpunkt des ge- 
samten europäischen Handels und Verkehrs geworden ist. 
Das Königliche Schloß, das Kurfürst Joachim 1538 erbaute und das fast 
<llle Nachfolger bis heute ergänzten, liegt auf der uralten wendischen Spreeinsel 
in Kölln. Der umfangreiche, aber sehr einfache Bau hat 197 m Vorder- (N.) und 
117 m Seitenfront (W.). Unter feinen 600 Zimmern und Sälen gilt der „Weiße 
Saal" als der schönste. Vor der Seitenfront erhebt sich das überwältigende 
Denkmal des Heldenkaisers Wilhelm des Großen. Der Nordfront gegenüber ist 
ein neuer Dom gebaut. Vom Schloßplatz führt die berühmte Straße „Unter den 
Linden" in die Stadt. Vier Alleen scheiden sie in Fahrstraßen, Reit- und Prome- 
nadenwege. Die anliegenden Häuser sind wahre Prachtbauten, vor allen das 
Kaiserliche Palais. Hier wohnt die Kaiserliche Familie im Winter; hier schaute 
Wilhelm der Große so oft durch das historische Eckfenster auf die ihm zujubelnde 
Volksmenge; hier verschied er auch. Die Zimmer, die er bewohnte, sind unver- 
ändert. Der Besucher betritt sie voll Rührung und Andacht im Herzen; sie sind 
ihm heilige Räume. Vor dem Palais erhebt sich das Erzstandbild Friedrichs des 
Großen. Das Ende der Lindenallee bildet das gewaltige, 20 m hohe Branden¬ 
burger Tor mit der Siegesgöttin. Nicht weit davon liegt im Tiergarten das 
herrliche Reichstagsgebäude. Der Tiergarten ist ein 225 da großer, schöner Park 
<ohne Tiere). In der Nähe des Reichstagsgebäudes erhebt sich die 51 m hohe 
Siegessäule, die das Gedächtnis an die Kriege von 1864, 1866 und 1870/71 
wacherhält. 
Im S- zweigt sich von der Lindenallee die prächtige Wilhelmstraße ab, in der 
der Reichskanzler und die meisten Minister und Gesandten wohnen. In gleicher 
Richtung mit der „Lindenallee" zieht die Leipzigerstraße, wo das Herren- und das 
Abgeordnetenhaus liegen. Die längste Straße Berlins ist die schnurgerade Friedrich- 
straße (5 km); sie schneidet die Straße „Unter den Linden". Berlin ist auch der 
Hauptsitz der deutschen Wissenschaft und Kunst und birgt eine große Fülle 
geschichtlicher, wissenschaftlicher und künstlerischer Sehenswürdigkeiten. Unter den 
hervorragenden Lehranstalten sind besonders zu nennen: Die Universität, die Berg- 
akademie, die Akademie der Wissenschaften. Der Geschichte uud Kunst dienen die 
Akademie der Künste, das Zeughaus (Ruhmeshalle), das Hohenzollernmuseum und 
die Nationalgalerie. Au sonstigen Sehenswürdigkeiten sind noch hervorzuheben: 
Die Sternwarte, das Aquarium, das Panoptikum, der zoologische Garten, das 
Denkmal des Großen Kurfürsteu und das der Königin Luise im Tiergarten, die 
Eharite, die Wasserwerke, der Zentral-Vieh- und Schlachthof. 
Ein Gang durch den schönen Tiergarten führt nach der Villenstadt Char¬ 
lottenburg. Hier ist die Begräbnisstätte (das Mausoleum) Friedrich Wilhelms III. 
und seiner Gemahlin Luise (die Eltern) und Wilhelms I. (der Sohn) nebst Gemahlin. 
Südlich von Berlin dehnt sich die Hasenheide, ein großer Kiefernwald, aus. Hier 
legte der berühmte Turuvater Jahn den ersten Turnplatz an (1811). In der Nähe 
erhebt sich der 65 m Johe Kreuzberg, auf dessen Spitze ein Kriegerdenkmal zur 
Erinnerung an die Freiheitskriege errichtet wurde. Von der Höhe hat man eine
	        
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