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Viele der Würdigsten im Lande suchten den König von Preußen zu
bewegen, diesen scheinbar günstigen Zeitpunkt zu benutzen. Auch soll
man wirklich Unterhandlungen gepflogen haben, die sich aber wieder
zerschlugen. Da empfing Schill aus Königsberg von einer wichti¬
gen Hand folgende Zeilen: „DerKönig schwankt, Schill muß fort,
damit der König nicht wieder zurück kann."
Schill hatte auch nach wiedergeschenktem Frieden, wie er es vonr
Feinde gelernt, seine Leute stets mit ihrem ganzen Feldgcpack exer¬
zieren und manövriren lassen. Da war es denn gar nichts Neues
Md Befremdendes, als er auch am 29. April 1809 mit seinem Re-
gimente Marsch - uEschlagfertig aus Berlins Thoren zog. Niemand
dachte daran, daß es weiter, als o^tf den Exerzierplatz, höchstens ein Paar
Stündchen weit gehen könnte^mn.die Leute im Felddienste zu üben.
Aber immer weiter und welker ging es vorwärts und — kühn ge¬
nug^ Schill wagte es, ohneDines Königs-Wissen und Willen, die
preußischen Staaten zu verlassen und in das neuerrichtcte Königreich
Westphalen feindlich einzubrechen.
Fußjager folgten ihm, aber auch Mancher, der das Nachkommen
zugesagt hatte, blieb zurück- Nicht auf Antrieb des sogenannten Tu¬
gendbundes — eines Vereines, der nichts Anderes, als die Be¬
freiung des unterjochten Vaterlandes beabsichtigte —• hatte der kühne
Jüngling dieses Wagestück unternommen, denn er gehörte nicht dazu.
Wohl aber befanden sich Mitglieder dieses geheimen Bundes unter
seinen Begleitern. Schills Unternehmung beruhte einzig und allein
auf der Hoffnung, daß die östreichischen Waffen in Baiern siegreich
Vordringen würden. Aber ach! die Schlacht bei Regensburg ging
verloren, und somit die Möglichkeit, sich den Oestreichern anzuschließen.
Welchen Entschluß auch Preußen unter andern Umstanden ge¬
faßt, haben würde, jetzt mußte der besonnene König jenen höchst un¬
besonnenen und zwecklosen Schritt wenigstens öffentlich tadeln und