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zum Herzog oder Anführer ernannt. Mutig ging es in den Krieg,
selbst die Frauen folgten und suchten ihre Männer zur Tapferkeit
anzufeuern. Vor der Schlacht erscholl ein furchtbares Kampfgefchrei,
durch welches nicht selten die Feinde schon in die Flucht getrieben
wurden, ehe es überhaupt zum Kampfe kam. Mit unglaublichem
Mute und staunenswerter Kühnheit wurde gefochten. Aus der Schlacht
zu fliehen, galt als eine große Schande und brachte Schaden über
das ganze Land. War der Feind geschlagen, dann zogen die tapferen
Krieger, mit Eichenzweigen geschmückt, in die Heimat zurück. Die
Gefangenen wurden zu Sklaven gemacht oder den Göttern geopfert.
4. Lebensart und Sitten. — In Friedenszeit beschäftigten
sich die freien Männer am liebsten mit Jagd und Fischfang. Ihre
Wälder und Seeen gaben ihnen reichlich Gelegenheit dazu. Wollten
sie sich ausruhen, so lagen sie neben dem Herde auf der Bärenhaut,
oder verkürzten sich mit Würfelspiel die Zeit. Oft ging es dabei mit
solcher Leidenschaft zu, daß nicht selten Hab und Gut, ja selbst Weib
und Kind verspielt wurden. Auch im Trünke waren sie leicht un¬
mäßig. Zwar kannten sie den Wein noch nicht, aber in Met, ihrem
Lieblingsgetränk, das sie sich selbst bereiteten, sich zu berauschen, galt
nicht als Schande. Bei solchen Festgelagen wurden die Thaten der
alten Helden besungen. Gemeinsam wurde über kriegerische Unter-
nehmungen und über Gemeindeangelegenheiten beraten. Schlugen
sie an ihre Schilder, so galt das als Zustimmung, erhoben sie dagegen
ein dumpfes Gemurmel, so bedeutete dies Ablehnung. Solche Ver-
sammlungen wurden stets unter freiem Himmel abgehalten. Ein
mächtiger Baum bezeichnete die Stätte der Zusammenkunft. Man
nannte sie Malstatt. Jeder freie Mann durfte hier erscheinen
und reden. Die Besorgung des Hauswesens verblieb den Frauen
und Knechten.
5. Deutsche Tugenden. — Von den Tugenden, die den
Deutschen zierten, sind besonders seine Redlichkeit uud Treue, seine
Gastfreundschaft und Hochachtung gegen die Frauen weit berühmt.
Wie der Deutsche redete, so meinte er es auch. Trug, Heimtücke
und Hinterlist waren ihm fremd. Treulich hielt er, was er ver-
sprechen. „Hier hast Du meine Hand darauf," pflegte er zu sagen,
und reichte ihm seine Rechte dar. Das galt so viel als ein Schwur.
Ein Mann ein Wort. — Jedem Wanderer standlseine Hütte offen,
auck den völlig Fremden lud er gastlich ein. Er beherbergte ihn,
stärkte ihn mit Speise und Trank, gab ihm beim Fortgange ein Gast-
gescheuk und führte ihn auf die rechte Straße. Ein fremder
Wanderer konnte daher getrost das rauhe Deulschlaud betreten und
hatte nichts zu befürchten, wenn er nicht feindselige Absichten hegte.
6. Die Götter der Deutschen. — Die alten Deutschen ver-
ehrten mehrere Götter. Ihr oberster Gott hieß Wodan. Er lenkt
die Welt und verleiht den Helden den Sieg. Weil er an der Spitze