Z> Karl der Große.
(768-814.)
(Siehe Teil IL Nr. 2, 1—3.)
1. Seine Kriege. — Der bedeutendste Fürst, der im Mittel¬
alter in Europa herrschte, war Karl der Große. Er folgte seinem
Vater Pipin in der Herrschaft. Fast während seiner ganzen Regierung
hat er Krieg geführt. Sein schwerster Krieg ging gegen die Sachsen.
Er dauerte 30 Jahre. Denn die Sachsen waren ein tapferes Volk,
das seine Freiheit hochhielt. Sie wohnten an den Grenzen des
Frankenreiches und lagen schon seit alters her mit diesem in Streit.
Sie machten daher fortwährend verheerende Einfälle in dasselbe.
Darum beschloß Karl, sie seiner Herrschaft zu unterwerfen und zum
Christentum zu bekehren. Aber die Sachsen erschwerten ihm sein
Vorhaben; denn sobald Karl mit seinem Heere abgezogen war, fielen
sie unter ihrem Anführer Widukind immer wieder ab. Erst nach
vielen Feldzügen und mancher blntigen Schlacht erreichte Karl sein
Ziel. Die Sachsen erkannten ihn als ihr Oberhaupt an und ließen
sich taufeu. So wurde aus den bisherigen Feinden ein christliches
Brudervolk.
Auch nach Italien und Spanien machte Karl Feldzüge. Als er
starb, gehörte fast ganz Europa zu seiner Herrschaft.
2. Karls Sorge für die Wohlfahrt des Volkes. —
Aber der große Kriegsmann war auch ein weiser Landesvater. Sein
weites Reich brachte er in die beste Ordnung. Damit alles recht
verwaltet werde, teilte er das Land in viele kleine Bezirke. Als
Verwalter derselben setzte er die erfahrensten Männer ein, die Grafen
genannt wurden. Strenge hielt er darauf, daß überall im Reiche
sein Wille durchgeführt wurde. Sein Petschaft war in seinen
Degenknopf eingegraben. Hatte er einen Befehl an einen hals-
starrigen Großen untersiegelt, so pflegte er zu sagen: „Hier ist mein
Befehl, und hier — indem er das Schwert schüttelte — ist der,
welcher ihm Gehorsam verschaffen wird."
Auch für Handel und Verkehr, für Ackerbau und Landwirtschaft
war der Kaiser ungemein thätig. Er ließ Dörfer anlegen, Wälder
abschlagen, Sümpfe trocknen und öde Strecken in fruchtbares Acker-
land umwandeln. In der Pflege der Landwirtschaft ging er mit
dem besten Beispiele voran. Ans seinen Gütern herrschte die beste
Ordnung. Die Verwalter leitete Karl oft persönlich an und erteilte
ihnen treffliche Vorschriften über die Zucht der Haustiere und Bienen,
über Bereituug des Wachses, Bieres und Weines, über Feld- und
Obstbau, über Gärtnerei und Fischerei. Zu Weihnachten jedes
Jahres mußte ihm von seinen sämtlichen Gütern Rechnung er-
stattet werden über den Viehbestand, über Getreide, Weine, Wolle
u. s. w. Karl selbst sah alle Berichte durch, in denen alles bis aufs
kleinste, selbst jedes verkaufte Ei, verzeichnet sein mußte.