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Die Friedenszeit.
über unsere Ehre nnd unseren Ruhm. Halte es mit dem Volke, daß es dich liebe und
drr vertraue; dann nur allein kannst du stark und glücklich sein." — Im November
1797 bestieg Friedrich Wilhelm den Thron. Des Königs und des Landes arößtes
Klernod war ö p
2- Die Königin Luise. Sie war eine Prinzessin von Mecklenburg-Strelitz.
sowohl sie schon frühzeitig ihre Mutter verlor, erhielt sie doch eine ganz vor-
A Tage schwerer Prüfung. Das Mißgeschick des Kriegs trieb das edle
Komgspaar bis nach Memel hinauf. Aber auch im äußersten Unglücke bewahrten
sie rhren gottergebenen Sinn. In Memel fehlte es bald am notwendigsten;
dre königliche Tafel war einfacher als bei den meisten bürgerlichen Familien.
Doch brachte diese Zeit der Trübsal auch wieder reiche Tröstungen für die
hartgeprüften Herzen. Wahrhaft rührend ist das Benehmen der Mennoniten
aus der Sulmer Niederung. Ein Mitglied der Gemeinde hatte den Auftrag,
3000 Friedrichsd'or dem Könige zu bringen. Ihm folgte seine Frau mit einem
Korbe fnfcher Butter, den sie der Königin mit den Worten reichte: „Man hat
mir gesagt, daß unsere gnädige Frau Königin gute, frische Butter sehr liebt, und
auch die jungen Prinzchen und Prinzessinchen gern ein gutes Butterbrod essen.
Diese Butter hier ist rein und aus meiner eignen Wirtschaft, und da sie jetzt
rar ist, so habe ich gedacht, sie würde wohl angenehm sein. Die gnädige Königin
wird auch meine kleine Gabe nicht verachten. Du siehst ja fo freundlich und gut
aus, wie freue ich mich, dich einmal in der Nähe sehen zu können!" Solche
Ausdrucksweise entsprach dem liebevollen Herzen der Königin. Thränenden Auges
drückte sie der gutmütigen Bauerfrau die Hände und hing ihr mit den Worten:
„Zum Andenken an diesen Augenblick" das Umschlagetuch, das sie eben trug,
um die Lchulter In den. Friedensunterhandlungen mit Preußen zeigte Napoleon
durchweg seine Erbitterung gegen die königliche Familie. Friedrich Wilhelm und
Die Königin Luise.
treffliche Erziehung. Schon in der Kindheit
fühlte sie den schönen Beruf in sich, wohl¬
zuthun; an der Hand ihrer Erzieherin suchte
sie die Hütten der Armut auf und erschien
das holde Fürstenkind den Dürftigen und
Notleidenden als ein Engel der Milde.
Ihre Leutseligkeit gewann späterhin der
Königin alle Herzen. Im Frühjahre 1793
lernte Friedrich Wilhelm sie in Frankfurt
am Main kennen, wo sie mit ihrem Vater
zum Besuche war. Luise, damals 17 Jahre
alt, war von seltener Schönheit; aber ihr
holdes Aeußere war nur der Abglanz
ihrer edlen Seele. Als Königin zeigte
sich vollends ihre Herzensgüte im schönsten
Glanze. Es währte nicht lange, so war
Luise der Liebling des Volks. Besonders
war diese fürstliche Ehe ein weithin leuch¬
tendes Vorbild eines wahrhaft deutschen
Familienlebens. Bald aber kamen