Der Krieg mit Frankreich, 1870—1871. 71
u reichen, und den eisernen Belagerungsring zu sprengen: doch vergebens; mit
blutigen Köpfen wurden die Franzosen wieder hineingeschickt.
4. Paris. In Paris brach eine Revolution aus; Napoleon wurde abgesetzt
und Frankreich eine Republik. Unanfhaltsain drangen unsere Heere, die 8 und
4. Armee, auf Paris vor; etwa 14 Trge nachher gelangten sie dort an. Allein
ein weiter Kranz von mächtigen Festungswerken schützte die Riesenstadt vor feind¬
lichen Angriffen; nur eine monatelange Belagerung konnte die Übergabe herbei¬
führen. In dieser Zeit wurde indes eine ganze Reihe anderer französischer Festungen
genommen, unter diesen am 28. September unser liebes Straßburg und endlich am
27. Oktober auch das trotzige Metz; 180000 Mann mit drei Marschällen und50 Gene¬
rälen wurden kriegsgefangen, unermeßliches Kriegsmaterial erbeutet Der Kronprinz
und Pcinz Friedrich Karl wurden an dem Tage zu Feldmarschällen ernannt. —
Während Paris belagert wurde, such¬
ten die Franzosen ihre Hauptstadt zu
entsetzen und stellten im Süden und
Norden nencHeere auf. Im Sü¬
den besiegten der baierische General
von derTann und der von Metz herbei-
geeiltePrinzFriedrich Karl in derNähe
vonOr le ans dieLoire-Armee in ver¬
schiedenen Schlachten; bei Le Mans
vernichtete sie Friedrich Karl fast gänz¬
lich. Die französische Nor dar mee
wurde von dem Generale von Man-
teuffel wiederholt in der Nähe voi
Am i e n s und dann von General G ö
beit bei Ct Quentin (Kangtäng,
vollständig geschlagen. Im Süden
hatte General von Werder- mit
Preußen und Badensern bereits vom
Oktober an siegreiche Kämpfe geliefert.
Den 16. bis 18. Januar 1871 schlug er
eine dreifach stärkere Armee unter
Bourbaki bei Belfort; der von
Paris herbeigeeilte Manteufel schnitt Molrke.
den Fliehenden den Rückzug nach Sü¬
den ab, undso wurden sie nach der Schweiz gedrängt, und, 80000 Mann stark, ent¬
waffnet. Die Franzosen hatten nun keine Armee mehr im Felde!
5. Der Friede. Auf Antrag des Königs Lu d wig von B aie rn wurde König
Wilhelmam l S. Januar 1871 zu Versailles (Versaljivon den deutschen Fürsten und
freien Städten zum Kaiser ausgerufen. Ganz Deutschland jauchzte laut auf: was seit
der Zeit unserer Väter mit Sehnsucht erhofft und erstrebt wurde, das war mit einem
Male erreicht; Barbarossa war wieder erstanden und mit ihm des Reiches Macht und
Herrlichkeit wie nie zuvor. — Wenige Tage darauf, am 27. Januar, ergab sich endlich
auch das stolze Paris, nachdem alle Ausfälle blutig zurückgeschlagen worden waren,
die preußischen Geschütze Brand und Tod in die Stadt geschleudert und der wütende
Hunger keinen längeren Widerstand gestattete. Am folgenden Tage wurde ein Waffen¬
stillstand abgeschlossen ; am 2. März hielt ein Teil unserer Truppen seinen Tiegeseinzng
in die stolze Hauptstadt, und am 10. Mai wurde zu Frankfurt am Main
der Friede geschloffen. Die einst dem Vaterlande durch List und Gewalt ent¬
rissenen Reichsländer Elsaß und Deutschlothringen wurden wieder mit
thm vereinigt; außerdem mußte Frankreich 4000 Millionen Mark Kriegskosten
zahlen. Niemals hatte Deutschland ruhmreichere Tage gesehen, nie ein Volk ge¬
waltigere Siege erkämpft. In 200 Tagen waren 20 siegreiche Schlachten ge¬
schlagen, 26 Festungen erobert, über 6700 Geschütze und vieles andere Kriegs-