Full text: Geschichtsbilder für evangelische Volksschulen

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daß sie ihn nicht mehr als ihren König anerkennen würden, wenn er 
nicht in Jahr und Tag vom Banne gelöst sei. 
Canossa. Heinrich sah jetzt, von allen verlassen, keinen andern 
Ausweg mehr, als von dem Papste Vergebung zu erflehen. Als Büßer 
gekleidet und nur in Begleitung seiner Gemahlin, seines dreijährigen 
Söhnleins und weniger Diener, überstieg er unter unsäglicher Mühe die 
schneebedeckten Alpen in einem sehr strengen Winter. In der lombardischen 
Ebene angelangt, wurde Heinrich von vielen Fürsten mit Freuden em¬ 
pfangen, und gern boten sie ihm ihre Hülfe gegen den verhaßten Papst an. 
Der König aber, nur von dem einen Gedanken beseelt, den Papst zu 
versöhnen, verschmähte diese Hülfe. Als Gregor vernahm, Heinrich sei 
in Italien, fürchtete er, der König würde ihn mit Heeresmacht überfallen. 
Um vor einem solchen Überfall sicher zu sein, begab er sich in die feste 
Burg Canossa. Hierher lenkte nun auch Heinrich seine Schritte. Als 
der Papst erfuhr, Heinrich komme als Büßer, ohne alle Heeresmacht, 
beschloß er, ihn seinen Zorn in vollem Maße spüren zu lassen. Drei 
Tage lang ließ er den Kaiser in bittrer Kälte vor der Thür der inneren 
Burg im Büßergewande barfuß und barhaupt stehen. Erst am vierten 
Tage gewährte er ihm Gehör und sprach ihn unter der Bedingung vom 
Banne los, daß er sich dem Urteilsspruche des Papstes stets füge und 
so lange der königlichen Würde entsage, bis auf einem Reichstage ent¬ 
schieden sei, ob er noch König bleiben solle oder nicht. 
Rudolf von Schwaben. Voll Zorn über die schmachvolle Be¬ 
handlung, die er vom Papste erfahren hatte, kehrte Heinrich nach Deutsch¬ 
land zurück. Die Fürsten aber hatten in Rudolf von Schwaben einen 
Gegenkönig gewählt. Heinrich warb ein Heer und kämpfte trotz des 
Bannes, der ihn von neuem traf, mutig gegen Rudolf. Derselbe fand 
seinen Tod in der Schlacht bei Merseburg, nachdem ihm seine rechte 
Hand abgehauen war. Sterbend soll Rudolf ausgerufen haben: „Das 
ist die Hand, mit der ich einst meinem Könige Treue geschworen habe." 
Heinrichs Romfahrt. Durch Rudolfs Untergang wuchs Heinrichs 
Macht in dem Maße, daß er beschloß, zum zweiten Male nach Italien 
zu ziehen, aber nicht als Büßer, sondern als Führer eines gewaltigen 
Heeres, um Gregor zu zwingen, den Bann zurückzunehmen. Drei Jahre 
lang belagerte Heinrich den Papst in Rom. Endlich wurde dieser von 
den Normannen befreit und floh nach Salerno, wo er mit den Worten 
starb: „Ich habe die Gerechtigkeit geliebt und das Unrecht gehaßt, des¬ 
halb sterbe ich in der Verbannung." 
Heinrichs Ende. Das traurigste Geschick sollte der Kaiser am 
Ende seiner Tage dadurch erleben, daß sein Sohn Heinrich sich gegen 
den Vater empörte. Des Kaisers Feinde hatten ihm eingeredet, weil der
	        
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