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aus allen drei Ständen zu einer Nationalversammlung zu¬
sammen, um die Mißstände friedlich zu beseitigen. Allein die
Bürgerlichen erlangten bald ein vollständiges Uebergewicht in
ihr. Sie schufen eine Menge neuer Gesetze, durch welche alle Vor¬
rechte des Adels, der Geistlichkeit und selbst die des Königs
aufgehoben wurden.
Gleichzeitig fanden zu Paris wilde Volksaufftände statt, bei
denen es bereits zu Plünderung und Mord kam. Der König
mußte alle Beschlüsse der Versammlung gutheißen. Endlich wollte
er sich durch Flucht retten. Aber er wurde auf derselben er¬
griffen und nach Paris zurückgeführt. Von'nun an steigerte sich
die Unordnung immer mehr. Die Nationalversammlung wurde
wiederholt aus neuen, immer wilderen Volksmännern zusammen¬
gesetzt. Diese stürzten nach und nach die ganze bisherige staat¬
liche Ordnung um. Der König mußte an Oesterreich, das
ihm Hilfe bringen wollte, den Krieg erklären. Unter schrecklichen
Aufstanden wurde Frankreich hierauf zum Freistaate erklärt
und der König selbst öffentlich hingerichtet (i. I. 1793). Das
gleiche Schicksal hatte nachher die Königin Maria Antoinette
[ahngtomwt], eine Tochter der Maria Theresia.
Ueber die ungeheuren Verbrechen sprachen alle Völker ent¬
rüstet ihren Abscheu aus. Da erklärte Frankreich kühn den Krieg
an halb Europa. Während dieser an den Grenzen geführt wurde,
entstand im Lande selbst eine wahre Schreckensherrschaft.
Alle Gegner des Freistaats, selbst Greise, Frauen, Kinder, wurden
hingemordet. Hunderttausende wurden enthauptet, ertränkt, er¬
schossen. Zwei Millionen Menschen verloren so ihr Leben. Erst
nach mehreren Jahren wurde die gesetzliche Ordnung wieder her¬
gestellt. Auch der Krieg nahm nach anfänglichen Niederlagen
einen glücklichen Verlauf. Hierzu trug besonders der General
Napoleon Bonaparte [bonapart] bei.
I. 1.1796 n. Chr. 86. General
Napoleon Bonaparte.
Napoleon Bonaparte wurde im Jahr 1769 auf der
Insel Korsika geboren. Sein Vater, der Advokat war, starb
frühe und hinterließ fünf Söhne und drei Töchter. Sie wurden