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stellt bei der Nationalversammlung an. Beim Eintritte
sagte der König mit Würde: „Ich bin hieher gekommen,
um Frankreich ein großes Verbrechen zu ersparen, und
ich denke nirgends sicherer zu sein, als in Ihrer Mitte,
meine Herren!" Man empfing ihn kalt und wies ihn '
mit seiner Familie nach oben in einen für Zeitungs¬
schreiber vorbehaltenen Platz. Dort mußte er zuhören,
ivie unten die Versammlung über seine Absetzung und
die gänzliche Abschaffung der königlichen Negierung be¬
rathschlagte.
Unterdessen verkündete das Knallen der Gewehre und
das Donnern der Kanonen, die Entfernung des Königs
habe das Blutvergießen, welches dieser Monarch so sehr
fürchtete, keineswegs abgewendet. Die Schweizergarde
war nach der helvenmüthigsten Gegenwehr größtenteils
niedergemacht, das Schloß erstürmt worden. Hierauf be¬
gaben sich ganze Haufen des Pöbels, das Gesicht vom
Pulverdampf geschwärzt und die Hände mit Blut besudelt,
in die Nationalversammlung und forderten die Absetzung
des Königs. Die Versammlung erschrack und faßte eiligst
den Beschluß, es solle durch das Volk ein Nationalcon¬
vent gewählt werden; denn das Königthum tauge nicht
für Frankreich. Der König wurde deßhalb vorläufig seiner
Würde verlustig erklärt und wie ein Missethäter mit
seiner Familie nach dem sogenannten Tempel, einem alten,
thurmähnlichen Schlosse, gebracht. Am 21. September 1792
wurde der Nationalconvent aus den wüthendsten Jakobi¬
nern errichtet. Sofort hob dieser die Königswürde auf,
verwandelte Frankreich, die älteste christliche Monarchie,
in eine Republik und brachte mit dieser eine neue Zeit¬
rechnung in Verbindung. Man zählte nach Jahren der
Republik und fing den Anfang des ersten Jahres vom
21. September 1791 an. Auch die Namen der Monate
wurden verändert und statt der Wochen Dekaden einge¬
führt, wovon jede zehn Tage enthielt. Sechsunddreißig
heidnische Festtage traten au die Stelle von zweiundfünfzig
christlichen Sonntagen. Mit der Abschaffung des König¬
thums wurden alle Wappen und Bildsäulen der Könige
vom Pöbel zertrümmert; der Convent richtete die Banden
dazu ab. Ja sogar die königlichen Gräber zu St. Denis
unweit der Hauptstadt wurden aufgewühlt, die Leichname
aus den Särgen geriffen, ihre Gebeine zerstreut. Nichts